Text, Bild, Performanz: Wandel und Ambivalenz kultureller Ordnungen in kolonialen Kontaktzonen (Provincia de Charcas und Philippinen, 17. - 18. Jahrhundert)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt konnte wichtige Beiträge zur außereuropäischen Kulturgeschichte und insbesondere der Transkulturationsforschung leisten. Die beiden im Rahmen der Promotionsprojekte von Andrea Nicklisch und Imke Rath vorgelegten Monographien zur transkulturellen Funktion und Bedeutung kirchlicher Silberobjekten im Andenraum sowie zu Darstellungen der tagalischen Religion in frühneuzeitlichen spanischen Quellen stellen Pionierarbeiten dar, die sich mit Fragen der Übersetzung, Aneignung und Transformation religiöser Konzepte in Texten, aber auch in Objekten, Materialien und Substanzen beschaffen. Beide Arbeiten basieren auf interdisziplinären Konzeptionen, die kulturanthropologische und sprachwissenschaftliche (Rath) bzw. kunsthistorische (Nicklisch) Zugänge und Methoden für die historische Forschung zu kulturellen Transformationsprozessen im Kontext kolonialer Herrschaft nutzbar machen und dabei zu neuen Ergebnissen kommen, die eine „klassische“ historische Quellenanalyse nicht ermöglicht hätte. Gleiches gilt für die Publikationen der Projektleiterin zu Aspekten der religiösen Kommunikation in Carabuco und La Plata. Die Beschäftigung mit Artefakten (Bildern, sakralen Objekten) und ihrer Funktion für die religiöse Kommunikation in ländlichen und städtischen Räumen führte zu neuen Einsichten in die Dynamiken religiöser Bedeutungsproduktion in kolonialen Kontaktzonen. Ein zentrales Ergebnis ist die Einsicht, dass die Konfiguration religiöser Ordnungen in einem Wechselspiel mit der gleichzeitigen Konstruktion lokaler Identitäten erfolgte und dass die materielle Kultur der jeweiligen Kontaktzone hierbei eine, wenn nicht die entscheidende Rolle spielte. Die empirische Forschung im Rahmen der Mikrostudie zeigte, dass die komplexen Prozesse der Vermittlung, Übersetzung, Adaption und Aneignung von religiösem Wissen und der damit zusammhängenden Transformation von Wissensbeständen nur dann zu erfassen sind, wenn der Gesamtzusammenhang der Interaktion zwischen Akteuren und Artefakten angemessen berücksichtigt wird. In dieser Hinsicht liefert das Projekt neue Impulse für die historische Kulturwissenschaft, die auch über den unmittelbaren Projektzusammenhang hinaus weist. Der besondere Beitrag der Forschungsarbeiten Eberhard Crailsheims liegt in seinem Ansatz, die Konfigurationen spanischer Kolonialherrschaft auf den Philippinen unter dem Aspekt der Bedrohung von außen (durch andere europäische Kolonialmächte, aber auch durch die muslimischen Sultanate im Süden) zu untersuchen und dabei Kommunikationsvorgänge im Hinblick auf ihre diskursiven Verläufe und die daran beteiligten Dispositive zu untersuchen. Damit trägt er zu einer neuen Sichtweise auf das spanische „Imperium“ und auf spanische Herrschaftskommunikation bei, die bislang seitens der auf Lateinamerika fokussierten Geschichtewissenschaft deutlich unterrepräsentiert war. Charakteristisch für den Projektverlauf war, dass sich ein engerer wissenschaftlicher Austausch weniger mit HistorikerInnen entwickelte, sondern mit VertreterInnen der Kunstgeschichte, der Anthropologie und der Literatur- bzw. Kulturwissenschaften.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Image – Object – Performance. Mediality and Communication in Cultural Contact Zones of Latin America and the Philippines (16th-19th Centuries). Münster: Waxmann 2013
Astrid Windus, Eberhard Crailsheim (Hg.)
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Kulturkontakt am Altar. Silberarbeiten als Medien des Bedeutungstransfers im bolivianischen Altiplano des 17. und 18. Jahrhunderts. Diss., Hamburg 2013
Andrea Nicklisch
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“The Invention of a Medieval Present: Visual Stagings in Colonial Bolivia and Brazil”, in: Astrid Windus, Peter C. Kröfges, (Hg.): El ‘tiempo’ en Latinoamérica colonial. Aproximaciones interdisciplinarias a la historia de un concepto (trans-)cultural. (Dossier). Indiana 30, Berlin: Ibero-Amerikanisches Institut 2013, S. 51-76
Astrid Windus, Jens Baumgarten
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„Von Geistern, die zu Hexen wurden. Transreligiöser Kulturkontakt mit dem Bösen in der spanisch-katholischen Mission auf den Philippinen“, in: Saeculum 64.1 (2014), S. 9-24
Imke Rath
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„Wandel und Ambivalenz der Darstellung der ‘Moros’ auf den kolonialspanischen Philippinen (16.-17. Jahrhundert)”, in: Saeculum 64.1 (2014), S. 25-40
Eberhard Crailsheim
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Audienzen und Allianzen. Interkulturelle Diplomatie in Asien und Europa vom 8. bis zum 18. Jahrhundert. Wien: Mandelbaum 2015
Birgit Tremml-Werner, Eberhard Crailsheim (Hrsg.)
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„Architektur und religiöse Bedeutungsproduktion in transkulturellen Kontexten: Verflechtungsgeschichtliche Perspektiven (Bolivien, Philippinen, 17.-18. Jh.)“, in: Michael Mann, Jürgen Nagel (Hg.): Europa jenseits der Grenzen. Festschrift für Reinhard Wendt, Heidelberg 2015, S. 107-140
Astrid Windus
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“Arquitectura ecclesiástica, topografía y comunicación religiosa en el altiplano boliviano colonial”, in: Astrid Windus, Andrés Eichmann-Oehrli (Hg.): Comunicación religiosa en Charcas colonial – Representaciones, apropriaciones, medios (Dossier). Iberoamericana 16, Nr. 61 (2016), S. 17-35
Astrid Windus
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„Pedro Alejandro Paterno’s La antigua civilización tagálog (1887): An Attempt to (Re)construct One’s Own Religious Past“, in: Monika Arnez, Jürgen Sarnowsky (Hg.): The Role of Religions in the European Perception of Insular and Mainland Southeast Asia: Travel Accounts of the 16th to the 21st Century, Cambridge: Cambridge Scholars Publishing, 2016, pp. 227-238
Imke Rath
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Christliche Wissenssysteme und „Strategien des Übersetzens“ im Missionierungskontext. Die Darstellung der tagalischen Religion im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Peter Lang 2017
Imke Rath