From channel protein to body surface ECG: Investigating electrocardiographic effects of ion channel mutations using computational heart models
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Forschungsvorhaben sollte gezeigt werden, dass beim so genannten langen QT Syndrom (LQTS) mittels eines numerischen Modellierungsansatzes die einzelnen Genotypen identifiziert und unterschieden werden können. Dafür sollten geometrische Modelle der Patientenanatomie auf Basis von MRT-Daten erzeugt werden. Im Zusammenspiel mit detaillierten mathematischen Modellen der Herzmuskelelektrophysiologie sollte die ventrikuläre Erregungsausbreitung simuliert werden. Die so genannte Vorwärtsrechnung erlaubte die Bestimmung der elektrischen Signale auf der Körperoberfläche und die Extraktion von Standard-EKG-Ableitungen. Zur Verifikation und Optimierung des numerischen Modells der Pathologie sollte das berechnete EKG mit einer 64 Kanal-EKG-Messung des Patienten verglichen werden. Effekte der heterogenen Verteilung von Ionenkanälen, der Deformation und des sympathischen Nervensystems sollten im numerischen Modell des LQTS berücksichtigt werden, da diese Effekte die kardiale Repolarisation beeinflussen können. Besondere Unterschiede in der T-Wellen-Morphologie zwischen den einzelnen Genotypen des LQTS sollten verwendet werden, um EKG-Ableitpositionen zu bestimmen, die eine EKG-basierte Unterscheidung des Genotyps ermöglichen. Die meisten Teilziele konnte in diesem Vorhaben erfolgreich geklärt werden. Hierzu zählt, dass wir gezeigt haben, wie man das Erregungsleitungssystem parametrisieren muss, um im EKG einen realistischen QRS-Komplex zu simulieren und welche elektrophysiologischen Heterogenitäten zu berücksichtigen sind, um eine hohe Übereinstimmung zwischen simulierten und gemessenen T-Wellen im 64-Kanal-EKG zu erreichen. Zusätzlich konnten wir zeigen, dass die Deformation der Ventrikel sowohl im physiologischen Fall, als auch bei LQTS einen vernachlässigbar kleinen Einfluss auf den Verlauf der T-Welle hat und somit die Deformation für realistische Simulationen des EKGs nicht mitberechnet werden muss. Wir konnten auch zeigen, welche Organleitfähigkeiten in welchem Maß Einfluss auf den Verlauf des EKGs haben und welche Organe für eine realistische Modellierung des EKGs segmentiert werden müssen bzw. welche wegen geringer Signifikanz nicht. Die Modellierung der Effekte beta-adrenerger Regulation bei LQT hat gezeigt, dass die Berücksichtigung der intrazellulären adrenergen Signalkaskade wichtig ist, um LQTS realistischer simulieren zu können. Beta-adrenerge Regulation steigerte im Modell von LQT1-3 die transmurale Dispersion der Repolarisation, welche bei LQT-Patienten für die Entstehung von Torsade de Pointes Arrhythmien verantwortlich gemacht wird. Die zentrale Fragestellung, ob die einzelnen Genotypen des LQTS im EKG zu unterscheiden sind, konnte im Verlauf dieses Projektes leider nicht geklärt werden, da die Anzahl der rekrutierten Patienten infolge der niedrigen Inzidenz des LQT-Syndroms nicht den Erwartungen entsprach. Es konnten zwar von insgesamt 4 Patienten Daten aufgenommen und charakterisiert werden, allerdings konnte nur ein einziger kompletter Datensatz aufgenommen werden, da die meisten Patienten einen implantierten Defibrillator hatten und somit nicht für die Bildaufnahme mittels MRT zur Verfügung standen. Als Ausgleich für die nicht vorhandenen Patienten, wurden mit Hilfe der Mutagenese-PCR-Technik verschiedene LQT2-Mutationen in einen klonierten hERG-Kanal eingebracht, RNA hergestellt, heterolog in Xenopus Oozyten exprimiert und mit Hilfe verschiedener elektrophysiologischer Messprotokolle eine detaillierte elektrophysiologische Charakterisierung durchgeführt. Dies wurde auch für die eine vollständig charakterisierte Patienten mit LQT1 durchgeführt. Im Anschluss wurden die elektrophysiologischen Messdaten in ein bestehendes numerisches Modell der kardialen Elektrophysiologie integriert und die Zell- und Gewebeeigenschaften untersucht. Mit Hilfe eines Standardtorsos wurden die EKGs dieser Mutationen berechnet. Hierbei konnten zwar QT-Zeiten-Verlängerungen einzelner Mutationen als realistisch betrachtet werden, allerdings hat die Auswertung der Körperoberflächenpotentiale keine signifikant charakteristischen Änderungen zwischen den LQT-Subtypen untereinander ergeben. Wir sind momentan in der Vorbereitung eines neuen Antrages mit der selben Zielsetzung, aber anderen Methoden und ohne die Notwendigkeit von MRT-Aufnahmen von Patienten, damit wir die zentrale Fragestellung final klären können. Hierbei werden wir mehrere klinische Zentren integrieren, um eine größere Zahl von 64-Kanal-EKGs von Patienten aufzuzeichnen und die numerischen Modelle eher dazu verwenden, um patientenunabhängige Faktoren zu ermitteln.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- “In-silico Evaluation of Beta-Adrenergic Effects on the Long-QT Syndrome,” in Proc. CinC, vol. 37, pp. 825–828, 2010
D. U. J. Keller, A. Bohn, O. Dössel, and G. Seemann
- “Ranking the Influence of Tissue Conductivities on Forward-Calculated ECGs,” IEEE Trans. Biomed. Eng., vol. 57, pp. 1568–1576, 2010
D. U. J. Keller, F. M. Weber, G. Seemann, and O. Dössel
- “Simulating Cardiac Excitation in a High Resolution Biventricular Model,” in Proc. BMT, 2010
D. U. J. Keller, O. Dössel, and G. Seemann
- “Impact of Physiological Ventricular Deformation on the Morphology of the T-Wave: A Hybrid Static-Dynamic Approach,” IEEE Trans. Biomed. Eng., vol. 58, pp. 2109–2119, 2011
D. U. J. Keller, O. Jarrousse, T. Fritz, S. Ley, O. Dössel, and G. Seemann
- “Predicting Tissue Conductivity Influences on Body Surface Potentials - An Efficient Approach Based on Principal Component Analysis,” IEEE Trans. Biomed. Eng., vol. 58, pp. 265–273, 2011
F. M. Weber, D. U. J. Keller, S. Bauer, G. Seemann, C. Lorenz, and O. Dössel
- “Influence of IKs Heterogeneities on the Genesis of the T-Wave: A Computational Evaluation,” IEEE Trans. Biomed. Eng., vol. 59(2), pp. 311– 322, 2012
D. U. J. Keller, D. L. Weiss, O. Dössel, and G. Seemann
(Siehe online unter https://doi.org/10.1109/TBME.2011.2168397)