Weltbilder in der Informatik
Final Report Abstract
Im Projekt „Weltbilder in der Informatik“ ging es zunächst um den Einfluss verschiedener informatischer Fachkulturen auf das Weltbild von Studierenden. Im zweiten Teil des Projektes, der hier vorgestellt wird, lag der Fokus auf strukturellen und fachkulturellen Ursachen für den Verbleib im bzw. das Ausscheiden aus dem Studium der Informatik. Qualitative Interviews mit Informatik-Studierenden an fünf deutschen Universitäten wurden rekonstruktiv und inhaltsanalytisch ausgewertet hinsichtlich Vorstellungen von Informatik, Erwartungen an das sowie erste Erfahrungen und Bewältigungsstrategien im Studium und Genderauffassungen in der Informatik. Trotz sehr vielfältiger Sichtweisen der von uns befragten Studierenden fiel doch eine Gemeinsamkeit auf: die Normalisierung der vorgefundenen Verhältnisse und die Anpassung daran. Diese muss als Bewältigungsstrategie verstanden werden, mit der die Studierenden kritische Situationen im Studium verarbeiten können. Das betrifft z.B. die Stofffülle am Anfang des Studiums, die starke Trennung von theoretischen und praktischen Inhalten in der Lehre oder auch die Minderheitenposition von Frauen. Das Geschlechterwissen der Studierenden ist unreflektiert und exkludierend. Mit den damit verbundenen stereotypisierenden Bildern und Aufgabenzuweisungen werden Frauen in der Informatik auch dann noch konfrontiert, wenn die Zugangswege für Frauen sich in Zukunft verbreitern werden. Daher ist eine Auseinandersetzung mit dem impliziten Geschlechterwissen in der Informatik unverzichtbar. Es zeigte sich, dass das implizite Geschlechterwissen mit dem Bild, das die Studierenden von der Informatik haben, in Zusammenhang steht: Wo die Informatik auf einen Kernbereich und auf das Formale beschränkt gesehen wird, führt ein stereotypisierendes Geschlechterbild zum Ausschluss von Frauen. Ein erweitertes Bild der Informatik, das die Anwendungen und damit die informellen und weniger klaren Aspekte mit einbezieht, lässt auch einen größeren Spielraum für Diversität in der Informatik, was sich auf die Auffassungen über Frauen in der Informatik und über Interdisziplinarität auswirkt. Problematisch scheint das Bild der Informatik zu sein, mit dem viele Studierenden an die Universitäten kommen: Es ist geprägt von der Computerkultur und beschränkt sich bei sehr vielen auf Computer und Programmieren. Dieses irreführende Image der Informatik führt schon im Vorfeld des Studiums zu einer ersten Exklusion. Die Ergebnisse geben Hinweise auf fachkulturelle und universitäre Einflussfaktoren und somit auf Exklusions-/Inklusionsmechanismen im Informatikstudium. Für Entscheidungsträgerinnen (wie GI, Fakultätentag Informatik oder einzelne Informatik-Fakultäten) bilden sie eine wertvolle Grundlage für die Entwicklung von Maßnahmen, die sowohl zu einer höheren Frauenbeteiligung, höheren Studierendenzahlen wie auch zu einer geringeren Abbruchrate im Informatikstudium beitragen können. Ansatzpunkte sind das Bild der Informatik, Informationen über das Studium, Studienmotiviation, Differenzierung und Begleitung des Studieneinstiegs, Studieninhalte und Qualität der Lehre. Dabei geht es fast ausschließlich um Qualitätsverbesserungen, die allen Studierenden zugutekommen.
Publications
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(2011): „…that a blue screen would be a pink screen“. Diversity Concepts of Students of Informatics. GI-Tagung 2011 in Berlin, 7.10.2011, Tagungsband der GI-Tagung 2011 (CD)
Kleinn, Karin; Heine, Yvonne; Götsch, Monika