Synthese und Analyse biologisch relevanter Bismutspezies
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das seltene Schwermetall Bismut (Bi, im deutschen Sprachraum seit 1472 auch als Wismut bekannt) erfreut sich nicht unbedingt allgemeiner Bekanntheit, lediglich Naturwissenschaftler wissen von ihm als Element im Periodensystem und einigen Anwendungen wie der Verwendung als Medikament (als Bismutsubcutrat bei Magenbeschwerden), in Kosmetikprodukten (als Bismutoxychlorid), als Legierungsbestandteil oder auch bei der Dotierung von Halbleitermaterialien. Zeitweise erreichte es sogar den Grenzbereich der öffentlichen Wahrnehmung, als es beispielsweise im Zuge eines wachsenden Umweltbewußtseins der 80er und 90er Jahre in bestimmten Bereichen der Fachliteratur zum "environmentally friendly green element" hochstilisiert und u.a. in diesem Zusammenhang "konsequenterweise" als Ersatz für Blei in Munitionen eingesetzt wurde. Dabei hätte man zu dieser Zeit medizinischen Fallstudien längst entnehmen können, dass sehr hohe Dosen an Bi zum Auftreten von Enzephalopathie führen und somit für dieses Element ein Weg in das Gehirn existieren muß - natürlich denkt der Chemiker hierbei sofort an mögliche Parallelen zu Blei und Quecksilber. In diesem Kontext hat unsere Arbeitsgruppe die Hypothese entwickelt, dass Bi im Zuge des Stoffwechsels stufenweise ein- bis dreifach methyliert und damit mobilisiert wird. Hauptsächlich handelt es sich bei diesem Vorgang um Biomethylierung im Darm, wobei Trimethylbismut als das Endprodukt dieser Umsetzung in Atemgasen von Probanden analytisch nachgewiesen werden konnte; die Ergebnisse dieses Projekts haben uns gelehrt, dass zusätzlich auch in der Leber eine Methylierung des Bi möglich ist. Die Gegenwart einer flüchtigen Bismutspezies in der Ausatemluft ist lediglich ein Endprodukt aus der postulierten Methylierung, niedermolekulare teilmethylierte Zwischenprodukte könnten durchaus in der Lage sein, über Mechanismen ähnlich wie Blei oder Quecksilber die Blut/Hirn-Schranke zu überqueren ("molecular mimicry"). Die hier beschriebenen Beobachtungen führen dazu, die bisherige toxikologische Bewertung des Bismut gründlich zu überarbeiten und spezifisch zu revidieren. Parallel zu unseren Arbeiten konnte auch die Arbeitsgruppe Hensel an Mäusen zeigen, dass die flüchtigen Bi-Spezies bei sterilen Tieren nicht auftraten und die Methylierung des Bi die Verteilung des Metalls im Organismus sowie die Interaktion mit Zellgeweben fördert. Die Möglichkeit der Aufdeckung völlig neuer Metabolisierungsprozesse des Bismut war nur gegeben aufgrund der möglichen analytischen Erfassung unterschiedlicher Verbindungen des Bismut, d.h. durch Etablierung und ständigen Verbesserung der wissenschaftlichen Disziplin der Elementspeziesanalytik. Die zuletzt gemachte Aussage kann besonders schön durch die Veröffentlichung von Hollmann et al. (2010) unterstrichen werden, deren Kernaussage zur Bismutmethylierung auf dem Cover der besonders beworbenen ersten Metallomics-Ausgabe des Jahres 2010 visualisiert wurde. Zusätzlich wurde der Artikel in "Highlights in Chemical Biology" (Ausgabe 12, 2009) als "Research Highlight" dargestellt und ist somit frei zugänglich für potentielle Leser. Weitere Aufmerksamkeit erhielten die Forschungsergebnisse zur Bismutmethylierung auch auf populärwissenschaftlicher Ebene durch die Darstellung in der Sendung "Forschung aktuell" des Deutschlandfunks am 05. Januar 2010.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2009) Determination of trimethylbismuth in the human body after ingestion of colloidal bismuth subcitrate. Drug Metabol Dispos 37, 1-7
Boertz J, Hartmann LM, Sulkowski M, Hippler J, Mosel F, Diaz-Bone RA, Michalke K, Rettenmeier AW, Hirner AV
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(2009) Synthesis and isolation of methyl bismuth cysteine and its definitive identification by high resolution mass spectrometry. Chem Pap 63, 742-744
Hippler J, Hollmann M, Juerling H, Hirner AV
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(2010) Methylated metal(loid) species in humans. Met. Ions Life Sci. 7, 465-521
Hirner AV, Rettenmeier AW
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(2010) Parallel on-line detection of a methylbismuth species by hyphenated GC/EI-MS/ICP-MS technique as evidence for bismuth methylation by human hepatic cells. Metallomics 2, 52-56
Hollmann M, Boertz J, Dopp E, Hippler J, Hirner AV