Internationalisierung des Einzelhandels in der Türkei - Motive, Dynamiken und Auswirkungen
Final Report Abstract
Das Projekt untersuchte die Motive der transnationalen Einzelhändler sowie die räumlichen und zeitlichen Dynamiken der Internationalisierung des Einzelhandels in der Türkei. Ausgehend von einer Analyse des politisch-ökonomischen Kontexts und der historischen Entwicklungen konnte dabei die besondere Bedeutung staatlicher Akteure festgestellt werden. Die Bedeutung staatlicher Akteure bei der Ausbreitung des modernen Einzelhandels wird in der wissenschaftlichen Literatur bislang weitgehend ignoriert, beziehungsweise auf Prozesse der Liberalisierung und Deregulierung beschränkt. Das Beispiel der Türkei zeigt, wie staatliche Einzelhandelsketten den Weg für private Supermarktketten auch dadurch ebneten, dass sie die Konsumenten an Selbstbedienungsformate gewöhnten. Diese Entwicklungen fanden vor der großen Welle der transnationalen Investitionen im türkischen Einzelhandel statt. Für die Türkei kann daher festgestellt werden, dass die Ausbreitung moderner Einzelhandelsformate eher in einer Reihe von kleinen Wellen stattgefunden hat, statt in einer einzigen großen Welle, wie dies in der Literatur häufig angenommen wird. Während staatliche Akteure eine wichtige Bedeutung bei der Einführung modernen Einzelhandelsformate hatten, war die mangelnde politische Stabilität gleichzeitig ein wichtiger hemmender Faktor für ausländische Direktinvestitionen in dem Sektor. Auch nachdem Unternehmen wie die deutsche Metro Group in den türkischen Markt eingestiegen waren, agierten sie lange aufgrund der politischen Situation eher zögerlich. Durch die gestiegene Stabilität nach der Machtübernahme durch die AKP haben sich die Investitionsbedingungen deutlich verbessert, was direkt zu einem stärkeren Engagement transnationaler Akteure führte. Aber auch die nationalen Einzelhandelsketten sind in den letzten Jahren gewachsen. Dabei kopieren sie erfolgreich sowohl Produkt- als auch Prozessinnovationen. Türkische Einzelhandelsunternehmen sind damit attraktiv für Investitionen geworden. Dies gilt nicht nur für Investitionen durch transnationale Einzelhändler, sondern auch durch Investmentfonds (wie im Falle Migros Ticaret) oder private Großinvestoren (wie im Falle Bim). Einige der türkischen Einzelhandelsunternehmen sind inzwischen selbst zu transnationalen Unternehmen (so genannte Second Tier Transnationals) geworden und haben in anderen Staaten (z. B. Bim in Marokko, Migros Ticaret im Kaukasus) investiert. Während sich die Ausbreitung von Super- und Hypermärkten lange auf die Metropolen und die Küstenräume der West- und Südtürkei konzentrierten, werden momentan auch östlichen Teile des Landes zunehmend erschlossen. Dies geht einher mit dem Aufbau von Türkei-weiten Distributionsnetzwerken - nicht nur durch die Einzelhändler sondern auch durch die Lebensmittelverarbeitende Industrie. Gleichzeitig wird die Türkei zunehmend nicht nur zum wichtigen Produktionsstandort von Obst- und Gemüse für den europäischen Markt, sondern auch zur Logistikdrehscheibe für Produkte aus anderen Staaten, z. B. Ägypten. Vor diesem Hintergrund sind bereits komplexe Netzwerke aus transnationalen und nationalen Akteuren entstanden, in denen Zulieferunternehmen teilweise auch als Dienstleister für die Einzelhandelsunternehmen auftreten und so überraschende Machtpositionen gegenüber ihren Abnehmern erlangen können. In der Analyse dieser Netzwerke zeigt sich auch die Stärke des verwendeten Analyserahmens des Global Production Networks-Ansatzes.
Publications
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(2011): Globalisierung durch Supermärkte - transnationale Einzelhändler in derTürkei. In: Geographische Rundschau 63/5: 28-34
Franz, M.; Hassler, M.
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(2011): Migros Türk - ein (trans-)nationales Unternehmen und Prozesse der Globalisierung im türkischen Lebensmitteleinzelhandel. In: Geographica Helvetica 66/4: 271-280
Appel, A.; Franz, M.; Hassler, M.