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Sintern vorlegierter PM-Stähle und verschleißbeständiger MMC unter Berücksichtigung von Gas-Festkörperreaktionen

Fachliche Zuordnung Glas und Keramik und darauf basierende Verbundwerkstoffe
Förderung Förderung von 2008 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 86463846
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden die Wechselwirkungen zwischen den hochlegierten Pulvern aus den Kaltarbeitsstählen X230CrVMo13-4 (X230) und X245VCrMo9-4-4 (X245) sowie dem austenitischen Stahl X40MnCrMoN19-18 (CN0.76) und dem Duplexstahl X2CrNiMo22-5-3 und der Atmosphäre während des Supersolidus Flüssigphasensinterns untersucht. Hierbei erfolgte eine Analyse der Wechselwirkungen zwischen Pulverkorn und Atmosphäre sowie zwischen Pulverkornoberfläche und Atmosphäre. Zudem wurden diese Untersuchungen um einen pulvermetallurgischen Verbundwerkstoff aus CN0,76-Pulver und den Hartphasen VC bzw. NbC ergänzt. Des weiteren standen die Herstellung sowie die mechanischen Eigenschaften der stickstofflegierten verdichteten Werkstoffe im Fokus. Hierzu erfolgte zunächst eine Analyse der Phasen und der Mikrostruktur der Stahlpulver im Ausgangszustand mittels winkeldispersiver Diffraktion mit Synchrotronstrahlung, Rasterelektronenmikroskopie (REM) und energie-dispersiver Röntgenanalyse (EDX). Eine Phasenanalyse mittels In-situ energie-dispersiver Diffraktion sowie In-Situ Hochtemperatur-XRD während der Aufheizphase unter Helium bzw. Vakuum und Stickstoff erlaubte die Detektion der Gas-Festkörperreaktionen während des Sinterzyklus. Die Interaktion der Kaltarbeitsstahlpulver mit der Stickstoffatmosphäre konnte bei Temperaturen knapp oberhalb der Austenitisierungstemperatur nachgewiesen und auf die Transformation der V-reichen Monokarbide (MC) in Karbonitride (M(C,N)) nach der Beziehung MC+N→M(C,N)+C zurückgeführt werden. Hieraus resultiert eine Absenkung der Solidus- und Sintertemperatur. Die erste Stickstoffaufnahme im CN0.76 ist ab etwa 700 °C im austenitischen Gitter nachweisbar gefolgt von einer Ausscheidung von Cr-reichen Nitriden. Der Duplexstahl X2CrNiMo22-5-3 zeigt im Temperaturbereich zwischen 700 °C und 750 °C erste Indizien einer Beeinflussung durch Stickstoff. Die Stickstoffatome werden in der austenitischen Eisenmatrix gelöst, wodurch der Austenit stabilisiert wird. Hieraus resultiert bei erhöhter Temperatur ein höherer Austenitgehalt im Vergleich zu dem vakuumgesinterten Material. Die Betrachtung des Verdichtungsverhaltens von CN0.76 fand unter besonderer Berücksichtigung der Oberflächenreaktionen statt. Für den Ausgangszustand wurde zunächst ein Modell der Oxidbelegung eines Pulverkorns erarbeitet. Es stellte eine Basis für weitere Untersuchungen dar. Ebenso wurde die Oberfläche des CrMn-Austenits während des Aufheizens auf Sintertemperatur unter Hochvakuum sowie unter Stickstoff anhand von XPS, REM und EDX untersucht. Dies diente dem Ziel, den Einfluss von Stickstoff auf die Vorgänge auf dem Pulverkorn während der Aufheizphase zu detektieren. Mit der Temperatur der ersten Stickstoffaufnahme des korrosionsbeständigen CN0.76 geht eine anfängliche Reduktion der Chromoxidschicht einher, wodurch nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Reduktion eine Voraussetzung zur N-Aufnahme ist. Weiterhin ließen die Reduktionsergebnisse auf eine mögliche positive Auswirkung einer der Verdichtungsstufe vorangestellten Reduktionshaltestufe unter Vakuum schließen, was im Folgenden verifiziert werden konnte. Die Reaktion zwischen Pulver, Hartphase und Atmosphäre in einem PM-MMC während des Sinterns wurde ebenfalls anhand von in-situ-HT-XRD während des Aufheizens sowie anhand von REM, XRD und Verbrennungsanalysen nach der Wärmebehandlung bzw. nach der Verdichtung untersucht. Basierend auf diesen Untersuchungen erfolgte die Konzeption geeigneter Sinterrouten, welche neben dem Ziel der vollständigen Verdichtung der PM-Werkstoffe das Ziel einer Optimierung unterschiedlicher Eigenschaften der Materialien verfolgten. Das Gefüge der produzierten Sinterlinge wurde anschließend untersucht und ihre physikalischen und/oder mechanischen Kennwerte wurden ermittelt, um die gewünschte erfolgreiche Optimierung der Eigenschaften zu evaluieren. Die durchgeführten Sinterreihen zeigen, dass alle untersuchten Stähle mittels SLPS vollständig verdichtet werden können. Zudem kann via Gas-Festkörperinteraktion mit dem eingestellten Stickstoffpartialdruck erfolgreich Stickstoff hinzulegiert werden. Des weiteren wird gezeigt, dass die Verwendung einer Vakuumhaltestufe mit dem Ziel einer Reduktion der Oberflächenoxide die Sinterergebnisse positiv beeinflusst. Gelöst im austenitischen Gitter des Stahls CN0.76 bewirkt Stickstoff eine Erhöhung der Härte, der Streckgrenze und der Zugfestigkeit. Bei einem Stickstoffgehalt von 0,6 Ma.-% deuten im Rahmen dieses Forschungsprojektes durchgeführte Messungen der Zustandsdichte zudem auf eine Erhöhung der Anzahl der freien Elektronen hin, was vorherige Messungen an schmelzmetallurgisch hergestellten CrMn-Austeniten bestätigt. Dieses Maximum der freien Elektronen korreliert mit einem Maximum der Brucharbeit sowie der elektrischen Leitfähigkeit des gesinterten Materials und bestätigt somit den positiven Einfluss eines gezielt eingestellten Stickstoffgehaltes auf die mechanischen und physikalischen Eigenschaften. Die unter Stickstoff SLPS-gesinterten Proben zeigten weiterhin eine höhere Brucharbeit sowie Austenitstabilität auf als die gehippte Referenzprobe. Die hergestellten stickstofflegierten Sinterlinge übertreffen zudem handelsübliche korrosionsbeständige austenitische und martensitische Güten in ihren Zugkennwerten. In den untersuchten Kaltarbeitsstählen hat die aus der Umwandlung der Karbide in Karbonitride bedingte Abgabe von Kohlenstoff an die Matrix eine Absenkung der Solidustemperatur zu Folge, wodurch eine niedrigere Sintertemperatur während des SLPS gewählt werden kann. Stickstoffgesinterte Proben konnten erfolgreich direkt aus der Sinterhitze gehärtet werden (Direkthärten) und zeigen insbesondere im erhöhten Temperaturbereich (< 550 °C) eine deutlich höhere Härte als vakuumgesinterte Proben. Folglich kann die Einsatztemperatur des Werkstoffe erhöht werden, woraus ein wirtschaftlicher Vorteil resultiert. Zusammenfassend ist die pulvermetallurgische Herstellung mittels SLPS für alle untersuchten Stahlpulver erfolgreich anwendbar. Die stattfindenden werkstoffkundlichen Vorgänge in und auf dem Pulverkorn sind erfolgreich charakterisiert. Das gezielte Legieren der hochlegierten Stahlpulver mit Stickstoff mittels Gas-Festkörperinteraktion zeigt für alle untersuchten Stahlgüten eine positive Beeinflussung unterschiedlicher Eigenschaften.

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