Detailseite
Projekt Druckansicht

Das Figürliche im Abstrakten - Bildanalyse und Deutung eines visuellen Systems in den voreuropäischen Zentralanden

Antragstellerin Dr. Christiane Clados
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 87671854
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das vorliegende Forschungsprojekt hat klar gezeigt, dass mit dem im Forschungprojekt vorgeschlagenen Verfahren erstmals ein Zugang zu einem als bislang nicht entzifferbar geltenden graphisches System, Tocapus des vorspanischen Peru und Bolivien, geschaffen wurde. Diese Verfahren basieren im Unterschied zu allen vorangegangenen Untersuchungen von Tocapus nicht auf dem Sprachcode und leiten sich nicht aus der Schriftwissenschaft ab. Das vorliegende Forschungsprojekt bietet damit alternative Verfahren an, mit der auch andere außereuropäische nicht-entzifferbare Notationsformen angegangen werden kőnnen (z.B. die Indus-Schrift), deren Sprache unbekannt ist und bei denen eine Bilingue fehlt. Die Erkenntnisse, die das Forschungsprojekt bezüglich der Tocapus erbracht hat, werden die Tocapu-Forschung nachhaltig prägen und verändern. Es zeigt sich ganz klar, dass Tocapus nicht nur ein überaus komplexes Notationssystem sind, sondern sie zudem Merkmale von Schrift zeigen. Bestätigen sich diese Ergebnisse in weiteren Analysen, so würde dies bedeuten, dass das vorspanische Südamerika nicht schriftlos war, wie bisher angenommen. Ich erwarte mit dem Online-Gang der Tocapu-Datenbank ein breites Echo und, als längerfristiges Resultat, eine “globale” Intensivierung der Tocapu-Forschung. Thomas Barthels Worte auf dem Amerikanistenkongress 1968: „Altperu weiterhin als eine frühe Hochkultur ohne jegliche Schrift abzustempeln, dürfte jedenfalls künftig schwieriger werden“, sind nach diesem Forschungsprojekt noch bedeutender geworden. Das Projekt stellt eine gelungene Kooperation von Geistes-und Naturwissenschaften dar. Es leistet auf zwei Ebenen, einer verfahrensbezogenen und einer technologischen Ebene, entscheidende Beiträge zur Forschung: Zum einen bietet es eine Reihe von neuen und bisher unbekannten Erkenntnisse zu Tocapus, zum anderen deren effektive Verfügbarmachung und Repräsentation als Online-Datenbank. In den letzten Jahren ist ein Trend zu immer mehr vernetzten Arbeiten gerade auch auf Augenhöhe und in Kooperation mit den Ländern zu beobachten, in denen vielfach archäologische Forschung und im Zuge dessen die Dokumentation, Auswertung und Interpretation archäologischer Objekte betrieben wird (Mittel- und Südamerika, Vorderer Orient). Aufgrund eigener Erfahrung kann ich sagen, dass für Forschungsprojeke in aller Welt der Zugang und die freie Verfügbarkeit von wissenschaftlich dokumentierten Objekten wie in der hier erarbeiteten Tocapu-Datenbank von unschätzbarem Wert sind. Ferner gibt es mannigfaltige Projekte und zahlreiche Museen in der Altamerikanistik, für die eine Vernetzung in Form von Objekt-Datenbanken sehr gewinnbringend sein könnte. Dies wird zur Zeit auch in anderen Fächern diskutiert, einschliesslich den Anthropology Departments an der University of Wisconsin-Madison und der University of Texas-San Antonio, und auch dort werden dementsprechende Anträge vorbereitet. Erfolgreiche Beispiele dieser Anwendung in Deutschland sind z.B. die Wissenschaftlichen Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS), gefőrdert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Hier stehen zahlreiche Technologien um das "Semantic Web" zur Verfügung und es wird diskutiert, was, wozu und auf welcher Ebene vernetzt wird (z.B. auch in der Altorientalistik). Somit wandern bereits die Anwendungen ins Netz. Um das Untersuchungsmaterial in bewältigbaren Grenzen zu halten, legte das vorliegende Forschungsprojekt einen Schwerpunkt auf die Untersuchung von Tocapus der vorspanischen Zeit (bis 1532 n. Chr.). Im Laufe der Analyse zeigte sich jedoch, dass Tocapus auch nach der Invasion der Europäer fortdauern, ja sogar, wie es scheint eine “Renaissance” erleben. Aus diesm Grund ist aus meiner Sicht das jetzige Forschungsprojekt zwar zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht, stellt aber gewissermassen nur die Hälfte des Weges dar, den die Tocapu-Forschung gehen kőnnte. Die Analyse der kolonialzeitlichen Tocapus und der Ausbau des Datenbankprogramms wären möglicherweise als weiterführende Untersuchung ins Auge zu fassen. Denkbare Folgeuntersuchungen kőnnten einen Untersuchungsschwerpunkt auf Tocapus der Kolonialzeit und Republikanischen Zeit (1532 – 1821 n. Chr.) legen und die Ergebnisse ebenfalls im Internet einer breiten Zielgruppe verfügbar machen.

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung