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Lebenslanges Lernen im Kontext lebensbedrohlicher Erkrankungen. Die Anwendung der biographieanalytischen Perspektive auf Herzinfarkt- und Brustkrebspatienten

Subject Area Education Systems and Educational Institutions
Term from 2008 to 2013
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 89249070
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Das Projekt hat die angekündigten Ziele erreicht. Das soziologische Auswertungsinstrument der sprachanalytisch informierten Narrationsanalyse, wie es maßgeblich von Fritz Schütze entwickelt worden ist, konnte durch einen lerntheoretisch anschlussfähigen Kategorienapparat - das oben dargelegte Differenzschema - erweitert und somit weiterentwickelt werden. Das Projekt hat eindrucksvoll die zentrale Bedeutung von Prozessen des Erleidens beim menschlichen Lernen aufzeigen und die Ordnungsstruktur der diesbezüglichen Vorgänge rekonstruieren können. Mit Blick auf den alten Streit zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen: „Sind biologische oder soziale Faktoren ausschlaggebend für die kulturelle Kodierung von Krankheit?", kann Folgendes festgehalten werden: Bei der subjektiven Aneignung der Krankheit kann die Abhängigkeit von biographischen Konstellationen manchmal so stark sein, dass für einzelne Frauen das Faktum Brustkrebs kein existentiell wichtiges Thema darstellt und im Zuge des Erzählens der eigenen Lebensgeschichte ausgeklammert und somit sogar verleugnet wird. Andererseits konnte beim Nachvollzug der Prozesse, welche die kognitive und mentale Aneignung einer Brustkrebserkrankung und eines Herzinfarktes begleiten, gezeigt werden, dass die biologischen Grundtatbestände eine strategisch wichtige Rolle im subjektiven Prozess der Verarbeitung einnehmen. Die Erwartung, dass das erziehungswissenschaftliche Projekt auch relevante Befunde für andere Disziplinen hervorzubringen vermag, kann positiv bilanziert werden. So sind instruktive Ergebnisse über die Phänomenologie der beiden Krankheiten gewonnen worden; die unterschiedliche Rolle von Vertrauen und Hoffnung in lebensbedrohlichen Erkrankungen ist eingehend erörtert worden, und erstmalig wurden im human- und kulturwissenschaftlichen Bereich Lernprozesse im Angesicht des Todes problematisiert. Insbesondere für Ärzte dürften die Befunde wichtig sein, die mit der Vermittlung der medizinischen Diagnose und der detachierten Beschäftigung mit Ärztefehlern und medizinischen Fehlhandlungen korrespondieren. Für die Nachhaltigkeit des Projektes ist ebenfalls gesorgt: Eine Internetplattform bietet interessierten Personen aus dem Hochschulbereich den Zugriff auf ausgewählte Daten aus dem Projekt für weitere Forschungsarbeiten oder für Ausbildungs- und Fortbildungszwecke {www.Biographie-Krankheit-Lernen.de).

Publications

  • (2010): Lernphänomene im Kontext lebensbedrohlicher Erkrankungen im Alter. Mechanismen der Erzeugung von biographischer Irrelevanz bei Brustkrebspatienten. In: Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Schäffer, Burkhard (Hrsg.): Erwachsenenbildung im demographischen und sozialen Wandel. Baltmannsweiler, S. 94-104
    Nittel, D.
  • (2010): Lernprozesse im Spannungsverhältnis von kalendarischem, biologischem, sozialem und subjektivem Alter. In: Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Schäffer, Burkhard (Hrsg.): Erwachsenenbildung im demographischen und sozialen Wandel. Baltmannsweiler, S. 94-104
    Seitrecht, A.
  • (2012): Die Konstruktion des Patienten als Lernprozess. Erziehungswissenschaftliche Notizen zu einem medizinischen Begriff. In: Hessische Blätter für Volksbildung. Heft 1/2012, S. 38-52
    Nittel, D.
  • (2013): "... das sollten Ärzte nicht machen" - Ärztefehler und medizinische Fehler unter erziehungswissenschaftlicher Perspektive. In: Nittel, Dieter/Seltrecht, Astrid (Hrsg.): Krankheit: Lernen im Ausnahmezustand? Brustkrebs und Herzinfarkt aus interdisziplinärer Perspektive. Berlin, Heidelberg, S. 553-576
    Seltrecht, A.
  • (2013): Die ärztliche Vermittlung aus Patientenperspektive. In: Nittel, Dieter/Seltrecht, Astrid (Hrsg.): Krankheit: Lernen im Ausnahmezustand? Brustkrebs und Herzinfarkt aus interdisziplinärer Perspektive. Berlin, Heidelberg, S. 481-490
    Nittel, D./Seltrecht, A.
  • (2013): Prozessuale Lerndimensionen: Instrumente zur Erschließung von Lernprozessen bei Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen. In: Nittel, Dieter/Seltrecht, Astrid (Hrsg.): Krankheit: Lernen im Ausnahmezustand? Brustkrebs und Herzinfarkt aus interdisziplinärer Perspektive. Berlin, Heidelberg, S. 139-171
    Nittel, D.
 
 

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