Detailseite
Projekt Druckansicht

Untersuchungen zur Bedeutung von P-Glycoprotein für die Hirnkinetik und zentralnervöse Wirkungen von Antipsychotika

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2008 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 90846759
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Erreichen des Wirkortes ist für alle Medikamente eine grundlegende Bedingung für eine effiziente Wirksamkeit. Dies gilt auch für Substanzen deren Wirkort im zentralen Nervensystem bzw. dem Gehirn liegt. Trotz immenser Fortschritte im Verständnis zentralnervöser Mechanismen im letzten Jahrzehnt hat die neurobiologische Forschung die Effizienz der aktuellen Pharmakotherapie affektiver und schizophrener Störungen kaum verbessert. Unzureichendes Ansprechen bis hin zum Therapieversagen und Nebenwirkungen der verfügbaren Arzneimittel sind immer noch zu häufig. Oft sind Dosisänderungen, Medikamentenwechsel oder Kombinationstherapien notwendig, um einen befriedigenden Funktionszustand des Patienten oder eine Remission zu erzielen. Eine mögliche Ursache für diese Probleme ist das eingangs erwähnte Erreichen des Wirkortes seitens der Substanz. Mit der Blut-Hirn Schranke besitzt das Gehirn einen zuverlässigen Schutzmechanismus zur Aufrechterhaltung des biologischen Funktionsmilieus, Fremdstoffe werden von Transportproteinen effektiv auswärts transportiert. Zu diesen gehören aus Sicht des Organismus auch die Psychopharmaka. Daraus resultiert, dass solche Medikamente,die Substratevon Transportproteinen sind, höher dosiert werden müssen, damit sie in klinisch ausreichender Menge im Gehirn ankommen. Eine wichtige Rolle bei diesemAuswärtstransport spielt P-Glycoprotein (P-gp). Mittels eines transgenen Mausmodels sollte deshalb die Rolle von P-gp beim Transport von Antipsychotika und Antidepressiva untersucht werden. Ziel war es zu klären, ob sich Veränderungen der Expression von P-gp auf derenPharmakokinetik und Pharmakodynamik auswirkt. Der Stand der Literatur verdeutlichte, dass Klärungsbedarf bezüglich der funktionellen Bedeutung des P-gp-abhängigen Transports von Psychopharmaka über die Blut-Hirn Schranke bestand. Warum Mäuse mit fehlender P-gp-Funktion keinen verhaltensauffälligen Phänotyp zeigen, war ein weiteres ungeklärtes Problem. Der Einsatz dieser transgenen P-gp-defizienten Mäuse zeigte eindeutig eine pharmakokinetische Relevanz von P-gpfür alle untersuchten Antipsychotika mit Ausnahme von Clozapin (Amisulprid, Aripirazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon,) und Antidepressiva (Citalopram, Venlafaxin) welche deutlich erhöhte Hirnspiegel im Vergleich zu Kontrolltieren aufwiesen. In ähnlichem Maße, wie das Fehlen von P-gp die Verfügbarkeit seiner Substrate im Gehirn steigert, konnte klar gezeigt werden, dass eine verstärkte Expression von P-gp die Verfügbarkeit seiner Substrate im Gehirn herabsetzt. Die Behandlung von wildtypischen Mäusen mit Induktoren zeigte eine, im Hinblick auf seine Wirksam-keit, ungünstigere Verteilung von Risperidon als Modellsubstanz. Bezüglich einerpharmakodynamischen Relevanzvon P-gpergaben sich eindeutige Hinweise für Aripiprazol und Quetiapin. Bei den Antidepressiva zeigte P-gp einen entsprechenden Einfluss bei Venlafaxin.Die P-gp-defizienten Mäuse zeigten in entsprechenden Verhaltens-Tests deutlichere „Nebenwirkungen“ als die adäquat behandelten Kontrolltiere. Für die Antidepressiva Citalopram, Duloxetin und Fluoxetin konnte im Rahmen der Phänotypisierung der P-gp knockout Mäuse ein Einfluss von P-gpauf die Stress-Reaktivitätbzw. zur Ihrer antidepressiven Wirksamkeit in verschiedenen Screening-Tests gefunden werden. Im Rahmen dieser Verhaltenscharakterisierung konnte für P-gpeine Bedeutung bei der Corticosteron-abhängigen Stressregulation gezeigt werden. Ungeahnt neue Aspekte zu Transportmechanismen lieferten Untersuchungen zur Überwindung von P-gp-Substrateigenschaf-ten mittels der Verpackung nicht hirngängiger Substanzen in Polymere-Trägerstoffe. Für die SubstanzDomperidon, die wegen ihrer P-gp Substrateigenschaften effektiv aus dem Gehirn eliminiert wird, konnte gezeigt werden, dass sie in Copolymere verpackt, im Hirn in größeren Mengen zu finden und zentralnervös wirksam ist. Ausblickend können die in dem Projekt erlangten Erkenntnisse in Zukunft im Hinblick auf eine personalisierte Therapie Verwendung finden, indem auf die individuelle genetische Ausstattung hinsichtlich P-gp Polymorphismen, welche im Menschen bereits beschrieben sind, die richtige Pharmakotherapie gewählt werden kann. Sie geben aber auch schon derzeit Hinweise auf Gründe im Rahmen der Blut-Hirn Schranke für ein nicht Ansprechen bei entsprechender Pharmakotherapie z.B. mit P-gp Substraten wie sie hier beschrieben wurden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Blood-brain barrier penetration of the enantiomers of venlafaxine and its metabolites in mice lacking P-glycoprotein. Europ. Neuropsychopharmacol. (2010) 20, 632-640
    Karlsson L., U. Schmitt, M. Josefsson, B. Carlsson, J. Ahlner, F. Bengtsson, F.C. Kugelberg, C. Hiemke
  • Induction of Drug Transporters Alters Disposition of Risperidone - A Study in Mice. Pharmaceutics (2010) 2, 258–274
    Holthoewer D., C. Hiemke, U. Schmitt
  • Pharmacokinetics of acute and sub-chronic aripiprazole in P-glycoprotein deficient mice. Neuropharmacology. (2010) 59, 474-479
    Kirschbaum K.M., M. Uhr, D. Holthoewer, C. Namendorf,C. Pietrzik, C. Hiemke, U. Schmitt
  • Effects on enantiomeric drug disposition and open-field behavior after chronic treatment with venlafaxine in the P-glycoprotein knockout mice model. Psychopharmacology (2011) 215, 367-377
    Karlsson L., C. Hiemke, B. Carlsson, M. Josefsson, J. Ahlner, F. Bengtsson, U. Schmitt, F.C. Kugelberg
  • HPMA Based Amphiphilic Copolymers Mediate Central Nervous Effects of Domperidone. Macromolecular Rapid Communications (2011) 32, 712-7
    Hemmelmann M., C. Knoth, U. Schmitt, M. Allmeroth, D. Moderegger, M. Barz, K.Koynov, C. Hiemke, F.Rösch, R.Zentel
  • Acitretin, an enhancer of alpha-secretase expression, crosses the blood-brain barrier and is not eliminated by p-glycoprotein.Neurodegener Dis. (2012) 10, 224-8
    Holthoewer D., K.Endres, F. Schuck, C. Hiemke, U. Schmitt, F. Fahrenholz
  • Behavioural consequences of P-glycoprotein deficiency in mice, with special focus on stress related mechanisms. J. Neuroendocrinol.(2012) 24, 809-17
    Schoenfelder Y., C. Hiemke, U. Schmitt
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/j.1365-2826.2012.02278.x)
  • In vitro P-glycoprotein efflux inhibition by atypical antipsychotics is in vivo nicely reflected by pharmacodynamic but less by pharmacokinetic changes. Pharmacol. Biochem. Behav. (2012) 102, 312-20
    Schmitt U., K.M. Kirschbaum, B. Poller, M. Kusch-Poddar, J.Drewe, C. Hiemke, H. Gutmann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.pbb.2012.04.002)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung