Interferon-induced tumor-suppressive activity of Absent in Melanoma 2 (AIM2) in gastrointestinal cancers
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Absent in Melanoma 2 (AIM2) gehört zu einer Gruppe Interferon (IFN)-induzierbarer Gene mit charakteristischen, 200 Aminsäuren-Domänen, die zunächst in Blutzellen identifiziert worden war. Parallel zu unseren Arbeiten wurde AIM2 kürzlich als Bestandteil der angeborenen (unspezifischen) Immunität charakterisiert. Es erkennt in Makrophagen doppelsträngige DNA, die von eingedrungenen Erregern (DNA-Viren und einigen intrazelluläre Bakterien) oder eigenen Zellen stammt und löst eine Art Alarmsignal aus, in dessen Verlauf ein sogenanntes Inflammasom gebildet wird, das schließlich zu einer Caspase-1-vermittelten Entzündungsreaktion und dem Tod der betroffenen Zelle führt. Während diese Aktivität von AIM2 im Kontext mit der Abwehr von Infektionen steht, hatten wir in Vorarbeiten dieses Projektes einige Funktionen von AIM2 in Tumorzellen aufgezeigt. So war in einer Untergruppe von Tumoren des Dickdarms, Dünndarms und Endometriums eine hohe Zahl von AIM2- Mutationen und inaktivierenden Promotorveränderungen im AIM2-Gen identifiziert worden. Die Wiederherstellung der AIM2-Expression in AIM2-defizienten Kolonkarzinomzellen führte zu einer verlangsamten Zellteilung der ansonsten rasch wachsenden Tumorzellen. Obwohl dies zunächst als tumorsuppressive Wirkung interpretiert wurde, deuten unsere nachfolgenden Analysen eher auf eine verstärkte Metastasierung AIM2-exprimierender Zellen hin: die Zelladhäsion sowie die Migrationsfähigkeit der Zellen durch mit extrazellulärer Matrix beschichtete Membranen war in AIM2-positiven Zellen deutlich stärker als in AIM2-negativen Zellen. Trotz der Aktivierung der Zellmigration könnte AIM2 indirekt eine tumorsupprimierende Wirkung ausüben. Um dies weiter zu untersuchen, wurde das Genexpressionsprofil AIM2-rekonstitutierter Kolontumorzellen mit dem AIM2-negativer Zellen verglichen. Die interessantesten der zunächst mittels Olignukleotid-Microarray-Technik identifizierten potenziellen AIM2-Zielgene (111 verstärkt, 80 vermindert exprimierte Gene in AIM2-positiven Zellen) wurden im Verlauf dieses Projektes zunächst als AIM2-responsive Zielgene validiert und dann weiter charakterisiert. Hierzu zählt zum einen eine Gruppe von Genen, die an der Umgestaltung extrazellulärer Matrix beteiligt ist, und für die eine Beteiligung an der Tumorprogression bereits mehrfach beschrieben worden war. Ihre Aktivierung in AIM2-exprimierenden Zellen bei gleichzeitiger Repression von Genen, die für die Zell-Zell-Verbindungen notwendig sind, steht in gutem Einklang zu dem von uns beobachteten verstärkten Migrationsverhalten AIM2-exprimierender Zellen. Eine zweite prominente Gruppe AIM2-inzuzierter Gene enthält sogenannte IFN-stimulierte Gene (ISGs), was eine Rolle des AIM2 Proteins in der IFN-Signalleitung nahelegt. Untersuchungen an zehn Kolonzelllinien unterstützen unsere Hypothese, dass die IFN-γ-induzierte Expression dieser Gene tatsächlich in Abhängigkeit von AIM2 erfolgt: In AIM2-negativen Kolonzelllinien, die einen intakten IFN- γ -Signalweg aufweisen, erfolgt keine Induktion dieser Gene trotz Behandlung der Zellen mit IFN-γ. Gleiches gilt für AIM2-positive Zellen, in denen AIM2 mittels RNA-Interferenz unterdrückt wurde. Aufgrund seiner Rolle in der angeborenen Immunität, intrazellulärer DNA-Erkennung und unseren Daten in Tumorzellen liegt die Vermutung nahe, dass AIM2 eine Verbindung zwischen IFN-γproduzierenden tumorinfiltrierenden Immunzellen und der körpereigenen Bekämpfung bestimmter Tumortypen vermitteln könnte. Von besonderem Interesse innerhalb dieser IFN-stimulierten Gene war daher die Aktivierung von HLA-DRA und HLA-DRB, die für Klasse II „major histocompatibility complex“ Proteine kodieren. Sie gelten als notwendig, um Tumorzellen erkennbar für das Immunsystem zu machen. Ihre verhinderte Expression macht Tumorzellen hingegen „unsichtbar“. Unsere Daten zeigen, dass AIM2 tatsächlich für die optimale IFG-γ-induzierte Expression dieser Gene erforderlich ist. Die Expression von HLA-DRA, HLA-DRB und ihrer Genprodukte erfolgte in geringer Menge auch unabhängig von IFN-γ nach AIM2-Expression. Auch der HLA-DRA-Promotor wird infolge der exogenen AIM2-Expression aktiviert, was wir mittels Luciferase-Reporter-Assays zeigen konnten. Die genauen Mechanismen der AIM2-Aktivität in Kolonzellen sind derzeit noch nicht völlig geklärt. Unseren Untersuchungen zufolge, ist weder die Aktivität des „Janus kinase-signal transducers and activators of transcription“ (JAK-STAT)-Signalweges beteiligt, noch erfolgt eine Aktivierung von Caspase-1 oder IL-1β, wie sie in Immunzellen beschrieben wurde. Zusammenfassend deuten unsere Daten jedoch darauf hin, dass AIM2 an der IFN-vermittelten Induktion einer Gengruppe beteiligt ist, die auch bei der Aktivierung der angeborenen Immunantwort stimuliert wird. Wir konnten somit erstmals eine Verbindung zwischen Mechanismen der angeborenen Immunität, Entzündungsmarkern und der Tumorpathogenese aufzeigen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Restoration of Absent in Melanoma 2 (AIM2) induces G2/M cell cycle arrest and promotes invasion of colorectal cancer cells. Int J Cancer. 2010; 126(8):1838-49
Patsos, G, Germann, A, Schirmacher P, Gebert, J, and Dihlmann, S