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Konfliktregulierung und Postkonfliktprozesse in Ghana und Uganda. Nichtstaatliche Akteure und Varianten sozio-politischer Arrangements jenseits formaler staatlicher Organisationsstrukturen im subsaharischen Afrika

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 92095928
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zentrales Ziel des Projektes war die Erforschung der Verläufe und der sozio-politischen Folgen von lokalen Prozessen der Konfliktregulierung (insbesondere der Schlichtung) und Friedenskonsolidierung im Kontext ‚dezentraler’ bewaffneter Konflikte im subsaharischen Afrika. Empirische Grundlage hierfür war ein kontrastiver Vergleich zwischen den Friedensprozessen in West Nile (Norduganda) und Nordghana. Wir untersuchten die Prozesse der Deeskalation und Friedenskonsolidierung und gingen der Frage nach, welche Formen der gesellschaftlichen Konfliktregelung bzw. Gewaltkontrolle und der damit verknüpften sozio-politischen Arrangements auf der lokalen Ebene von Regierungsführung, Verwaltung und Legitimation von Herrschaft in diesen Prozessen entstehen. Ein Augenmerk lag dabei auf den Wechselwirkungen und Kooperationsbeziehungen verschiedenartiger Akteure (z.B. Staat, sonstige Gewaltakteure, NGOs, international aktive staatliche und multilaterale Organisationen, Zivilbevölkerung und lokale Führer). Sowohl in Ghana als auch Uganda waren zivilgesellschaftliche Akteure wie Kirchen und klassische NGOs sowie international tätige Entwicklungs- oder Hilfsorganisationen maßgeblich in die erfolgreiche Vermittlung von Verhandlungen einbezogen. Allerdings beruhte deren Erfolg in beiden Fällen auf einem komplexen Zusammenspiel von staatlichen und nichtstaatlichen und sowohl einheimischen als auch internationalen Akteuren. Unter anderem war eine relative Überlegenheit der Regierungsstreitkräfte in beiden Fällen offenbar eine Bedingung, um eine pattähnliche militärische Lage herbeizuführen, die die Erfolgsaussichten für Vermittlungsversuche und Verhandlungen erhöhte. Als Akteure auf staatlicher Seite sind in Ghana auch die regierungsoffiziell anerkannten „Chiefs“ zu verstehen, die allerdings öfter in einem ambivalenten Verhältnis zu anderen Teilen des politisch-administrativen Systems stehen. Aus deren Reihen kamen zugleich die wichtigsten Führer der ethnopolitisch definierten Bürgerkriegsparteien. Ähnlich ambivalent oder mehrdeutig ist die Rolle der so genannten „youth associations“ in Nordghana einzuschätzen, die – formal betrachtet – zivilgesellschaftliche Vereinigungen und gleichzeitig ethnopolitische Lobbyorganisationen darstellen. Ein Fokus des Projekts war die Erforschung der Entstehung von Formen einer „global governance“, d.h. von neuartigen Formen der Regierungsführung auf lokaler Ebene, die sich mit globalen Verflechtungen und transnationalen Prozessen von politischer Steuerung verbinden. So sind in Ghana derzeitig multilaterale und ausländische staatliche wie nichtstaatliche Organisationen (wie bspw. UNDP, USAID und Catholic Relief Services) in den Aufbau einer „nationalen Friedensarchitektur“, d.h. die Institutionalisierung eines Netzwerks von Instanzen und Organisationen involviert, die der Konfliktprävention, Schlichtung und Friedensförderung dienen, teils in Verbindung mit und teils neben den formalen staatlichen Organisationsstrukturen. Eine anderer Befund betrifft die Rolle der Ex-Kämpfer in der Nachkriegsentwicklung. Diese Problematik ist vor allem in West Nile in Norduganda von sichtbarer Bedeutung. Während im benachbarten Acholiland (im zentralen Norduganda) die Leiden der Opfer der Rebellen, vor allem der zahllosen von der LRA entführten Kinder und Kindersoldaten viel Aufmerksamkeit durch Medien und humanitäre Organisationen erfuhren, fanden die Probleme der Kriegsopfer und Opfer von Kriegsverbrechen in der Region West Nile bisher so gut wie keine Beachtung. Diskurse über diese Region, eingeschlossen die Diskurse von humanitären Organisationen und Entwicklungsorganisationen, richteten ihren Fokus seit dem Friedensschluss zwischen Regierung und Rebellen ganz vorrangig auf die „Entwicklung“ der Region und die Probleme der Ex-Rebellenkämpfer und ihrer „Reintegration“. Eine mögliche Erklärung ist das Maß, in dem sich hier die Netzwerke und Organisationen der Exrebellen erfolgreich in artikulationsmächtige NGOs verwandelt haben, und im Gegensatz dazu das Maß, in dem die zivilen Opfer der Gewalt bislang nicht fähig waren, sich in ähnlicher Weise zu organisieren. In Nordghana stellt sich diese Problematik in etwas anderer Weise, weil hier die Organisationen der Krieger nach wie vor fest in die als ‚traditionell‘ definierten Strukturen von Autorität und sozialer Kontrolle innerhalb der lokalen Zivilbevölkerung eingebunden sind und keine eigenständige Rolle in der Nachkriegsentwicklung gewonnen haben.

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