Genese, Struktur und Funktionsweise gewaltförmiger Systeme sozialer Kontrolle
Final Report Abstract
Obgleich die USA in den Philippinen schon Anfang des 20. Jahrhunderts Wahlen als Mittel der Herrschaftsbestellung einführten und die Philippinen, trotz der Unterbrechung durch die Marcos-Diktatur, als älteste Demokratie Asiens gelten können, gelang es bis heute nicht, die kompetitive Gewalt zwischen den herrschenden Familien und die repressive Gewalt gegenüber subalternernen Gruppen abzuschaffen. Die Analyse der Herrschaftsordnungen in den drei Forschungsregionen Pampanga, Negros Occidental und Muslim Mindanao zeigte, dass sowohl kompetitive als auch repressive Gewaltformen trotz der dramatischen politischen und ökonomischen Wandlungsprozesse des letzten Jahrhunderts, unverändert als letztes Mittel der Kontrolle bis in die Gegenwart Bestand haben. Die gezielte Tötung ist in allen drei Regionen die präferierte Gewaltform. Allerdings kommt physischer Gewalt in den Regionen eine jeweils unterschiedliche Bedeutung als Mittel der Herrschaftssicherung zu. Diese Unterschiede können auf unterschiedliche Entwicklungspfade zurückgeführt werden. In allen drei Regionen herrschen Familien, die auch ökonomisch dominieren. Unterschiede bestehen mit Blick auf die Frage, inwieweit diese Familien einen ununterbrochenen Zugang zu staatlichen Positionen benötigen, um ihre Klientelnetzwerke aufrechterhalten zu können. Die Region mit der mit Abstand stärksten Abhängigkeit von entsprechenden Positionen, Muslim-Mindanao, weist auch das mit Abstand höchste Niveau horizontaler, kompetitiver Gewalt auf. Demgegenüber findet sich kompetitive Gewalt in den anderen Provinzen nur auf niedriger Politikebene, zwischen Akteuren, die nur über unzureichende alternative finanzielle Ressourcen verfügen. Vertikale, repressive Gewalt gegen subalterne Gruppen findet sich in allen drei Regionen. Genaue Angaben über die Gewaltakteure können wegen der vollumfänglichen Straffreiheit nicht gemacht werden. Allerdings werden sie in den Regionen partiell unterschiedlichen Gruppen zugeschrieben. Während kompetitive und repressive Gewalt in Muslim-Mindanao weitestgehend von privat kontrollierten, vielfach aber staatlich finanzierten Milizen ausgeht, werden in Negros Occidental vor allem die Streitkräfte, ehemalige kommunistische Rebellen (RPA-ABB), die im Dienst von Großgrundbesitzern stehen, und gedungene Mörder benannt. In Pampanga scheint derartige Gewalt vor allem von der letzten der gerade genannten Gruppen ausgeübt zu werden. Hinzu kommt die Polizei, die anders als in den anderen Regionen bei der Bekämpfung der Kriminalität selektiv zum Mittel der extralegalen Tötung zu greifen scheint. Die Grundlage für ein heuristisches Modell, das die drei zentralen Bausteine der philippinischen Herrschaftsordnung (Familie, Klientelismus, private Gewaltmittel) integriert, lieferte im vorliegenden Projekt die italienische Mafia. Diese wird jedoch nicht als kriminelle Organisation, sondern als eine kulturell unterfütterte Herrschaftsordnung verstanden. Die Pfadanalyse verdeutlicht die große Anpassungsfähigkeit dieser mafia-artigen Herrschaftsform an sich beständig wandelnde ökonomische und politische Rahmenbedingungen. Entsprechend finden sich auch keine Reformbemühungen, die darauf abzielen würden, familiale Kontrolle über den Staat oder die allgemeine Straflosigkeit zu unterbinden.
Publications
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Kreuzer, Peter
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- "Violence as a Means of Control and Domination in the Southern Philippines", PRIF Report No. 105, 2011
Kreuzer, Peter
- 2011: "Die Gewalt der Herrschenden. Soziale Kontrolle im Süden der Philippinen", HSFK-Report Nr. 1, 39 S.
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- "Mafia-style Domination. The Philippine Province of Pampanga", PRIF Report No. 114, 2012
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- Mafia-style Domination in the Philippines: Comparing Provinces. Hrsg.: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Frankfurt am Main, 2012. (PRIF Reports, 117) 40 S. - 978-3-942532-48-8
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