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Regularität und Irregularität in der Kasusmorphologie deutscher Sprachinselvarietäten (Russland, Brasilien): intralinguale, interlinguale, typologische Konvergenz

Antragsteller Dr. Peter Rosenberg
Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2008 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 94574134
 
Gegenstand des Projekts ist die Beschreibung der Entwicklungsverläufe irregulärer Kasusmorphologie in deutschen Sprachinselvarietäten. Mittels Sprachaufnahmen in deutschen Sprachinseln in Brasilien und Russland in drei „Formalitätsstufen“ (standardisierte Testsätze, Interviewaufnahmen und Selbstaufnahmen alltäglichen Sprachgebrauchs) soll die Kasusmorphologie insbesondere im Pronominalbereich hinsichtlich ihrer Funktionalität, ihrer Distribution, ihres Vorkommen bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten und unterschiedlichen Alters analysiert werden. Von besonderem Interesse ist dabei die Resistenz irregulärer Morphologie in den in Auflösung befindlichen Sprachinseln. Das innovative Potenzial des hier beantragten Projekts liegt in ihrem Fokus, der auf die morphologischen Abbauprozesse in deutschen Sprachinseln in mehreren Ländern gelegt wird, die allesamt Sprachgemeinschaften in Auflösung sind: Vladimir Schirmunski (1930) hat die deutschen Sprachinseln (des Schwarzmeergebiets) einmal als „großangelegtes sprachgeschichtliches Experiment“ und als „sprachwissenschaftliches Laboratorium“ bezeichnet, „in dem wir an der Hand geschichtlicher Zeugnisse in einer kurzen Zeitspanne von 100 bis 150 Jahren Entwicklungen verfolgen können, die sich im Mutterlande in mehreren Jahrhunderten abgespielt haben müssen“. Laborartige Erkenntnisse lassen sich aus den – von Schirmunski betrachteten – „Aufbau“- Prozessen des Dialektausgleichs, der Koineisierung und der Standardisierung ebenso gewinnen wie – dies ist unser Fokus – aus den Abbau-Prozessen der morphologischen Reduktion, des Normabbaus, der (interlingualen oder intralingualen) Konvergenz und des Sprachwechsels. Zur Pronominal- und Nominalflexion in den Sprachinseln liegen eine Reihe von eigenen Vorarbeiten vor, die auf eine selektive Resistenz der irregulären Kasusmorphologie hindeuten, die entgegen der sonstigen Entwicklungsrichtung eines Markiertheitsabbaus strukturelle Besonderheiten aufweist (Dativerhalt, Spezifika der Personalpronomina der 3. Pers. Sg., Verlust der 3. Pers. Plur.), während sich in der regulären Morphologie Abbauerscheinungen zeigen, die unter dem Druck des Sprachwechsels beschleunigt werden. Es deutet sich eine „typische“ Sequenz des Abbaus an (Regularisierung – Simplifikation – Abbau [mit Substitution]). Gegenstand des hier beantragten Projekts ist eine systematische Analyse der irregulären Morphologie in deutschen Sprachinselvarietäten, eine differenzierte Beschreibung ihrer Funktionalität und ihrer Distribution, ihrer soziolinguistischen Kontextbedingungen und eine Erfassung ihrer Entwicklungsverläufe in „relativer Zeit“ (Generationsvergleich) sowie in Echtzeit (longitudinale Wiederholungserhebung nach 10 Jahren). Im Rahmen einer international kooperierenden Sprachinselforschung ist der Vergleich der hier gewonnenen Erkenntnisse zur Entwicklung der irregulären Morphologie in Sprachinseln in Brasilien und Russland mit den Ergebnissen entsprechender Studien in den USA (Salmons, Huffines, Louden, Keel, Boas) geplant.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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