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Ärztliche Praxis und medizinisches Weltbild um 1650: Johannes Magirus (1615-1697)
Antragsteller
Professor Dr. Michael Stolberg
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2009 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 95113432
Gegenstand des Vorhabens ist die exemplarische Analyse der ärztlichen Praxis und des medizinischen Weltbilds eines bislang kaum bekannten Arztes des 17. Jahrhunderts, Johannes Magirus (1615-1697). Das Vorhaben gründet auf einem außergewöhnlichen Quellenkorpus. Ein ausführliches Praxisjournal, das Magirus in den Jahren 1647 bis 1655 zunächst in Berlin und dann in Zerbst führte, verzeichnet die einzelnen Patienten und deren Beschwerden, die verordnete Behandlung, die Krankheitsverläufe und teilweise auch das Honorar und gewährt so vielfältige Einblicke in den Praxisalltag eines gewöhnlichen Arztes. Dieses quantitativ und qualitativ auszuwertende Journal wird ergänzt durch eine Reihe von Quellen, die vielfältige Aufschlüsse über Magirus’ medizinische Auffassungen und deren Hintergründe sowie über seine Lebens- und Arbeitsumstände und seine Beziehungen zu Patienten und Kollegen eröffnen. Zu nennen sind insbesondere eine umfangreiche Handschrift mit medizinischen Loci communes, also thematisch geordneten Exzerpten, ein handschriftliches Verzeichnis der Bücher, die sich bei Magirus’ Tod in seinem Besitz befanden sowie ein Teil dieser Bücher selbst mit Magirus’ Unterstreichungen und Randnotizen. Hinzu kommen diverse gedruckte Werke, vor allem Kalender medizinisch-astrologischen Inhalts, gedruckte Kolleg- und Vorlesungsankündigungen, die unter anderem Magirus’ Bedeutung als bislang unbekannter „Pionier“ eines klinischpraktischen Unterrichts am Krankenbett im deutschsprachigen Raum deutlich machen sowie einige kleinere Handschriften und diverse Archivalien.Mit Hilfe dieses Quellenensembles sollen exemplarisch in einer für den damaligen deutschen Sprachraum bislang unerreichten Dichte und Differenziertheit die Klientel, die alltägliche Arbeit und die Arzt-Patienten-Interaktionen eines damaligen Arztes untersucht, seine methodischen Ansätze und medizinischen Vorstellungen rekonstruiert und das Verhältnis von theoretischen Auffassungen und deren praktischer Umsetzung am Krankenbett verfolgt werden. Um die Spezifika von Magirus’ Praxis noch genauer von dem für damalige ärztliche Praxis allgemein Typischen differenzieren zu können, sollen in beschränktem Umfang weitere, allerdings qualitativ weniger aussagekräftige, serielle Praxisaufschriebe des 16. und 17. Jahrhunderts zu Vergleichszwecken sondierend untersucht werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen