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Terrain vague: Ästhetik und Poetik urbaner Zwischenräume in der französischen Moderne

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248296090
 
Das Projekt widmet sich dem Phänomen verlassener, verwahrloster, oft vergessener Räume in der Stadt, die in französischer Sprache mit dem Begriff "terrain vague" bezeichnet werden: Brachflächen, Baulücken, Ödland. Dabei gilt für das Phänomen wie auch für den Begriff: Sie sind schwer zu fassen, theoretisch unterbelichtet, aber hochaktuell. Denn in den gegenwärtigen Raumdiskussionen wird der leere, zweck- und herrenlose urbane Zwischenraum zwar oft erwähnt, aber selten näher untersucht, obwohl das "terrain vague" in Literatur und Kunst seit einigen Jahren eine wichtige Rolle spielt. Weitgehend unbekannt geblieben sind dabei die Geschichte des aus dem Geist romantischer Ruinenästhetik geborenen Begriffs sowie das im Zuge seiner literarischen Verwendung entstandene semantische Potential, das seine bis heute anwachsende Faszinationskraft begründet. Ausgehend von systematischen Überlegungen zu seiner spezifischen Topologie und von Bezugskonzepten wie Heterotopie (Foucault), Nicht-Ort (Augé) oder "dead zone" (Doron) sollen ebenso die Begriffsgeschichte wie die Ästhetik und Poetik des "terrain vague" in der französischen Literatur und Kultur der Moderne erforscht werden, insbesondere an den Flanerien und der Parismythologie der Surrealisten, an den konzeptuellen Stadtexpeditionen der Gegenwart und an der Darstellung der Stadtbrache im französischen Film. Die Untersuchung wird von der kulturanthropologischen Fragestellung geleitet, inwiefern das "terrain vague" angesichts einer fortschreitenden Dezentrierung und Entdifferenzierung des urbanen Raums ein Reservat für ortlos gewordene Erfahrungen bildet oder gar einen Möglichkeitsraum für kreative Aneignung und utopische Besetzung. Im Hinblick auf eine medienwissenschaftlich ausgerichtete Untersuchung der Darstellung von "terrains vagues" in der Literatur und im Film ergeben sich daraus drei systematische Perspektiven zur Sichtbarmachung des jeweiligen ästhetischen und poetischen Umgangs mit der städtischen Brache: (1) das "terrain vague" als Prisma-Raum oder Chronotopos, in dem sich Entwicklungslinien des urbanen Raums bündeln und brechen und sich so dessen gegenwärtiger Zustand im Verhältnis von Geschichtlichkeit und Gesellschaftlichkeit ablesen lässt; (2) das "terrain vague" als Erfahrungsraum, der als das Außerordentliche an den Rändern und in den Lücken der urbanen Ordnung im Subjekt spezifische Erfahrungen der Fremdheit, der Schwelle und der Transgression auslöst; (3) das "terrain vague" als Potentialraum, der mangels Nutzungsbestimmungen und determinierter Bedeutung als eigene Aktions- oder Projektionsfläche genutzt werden kann.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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