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Bischofsplatz und Wüstung Lindelach bei Gerolzhofen, Landkreis Schweinfurt

Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 106393040
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mit den Methoden der Mittelalterarchäologie und deren Nachbardisziplinen konnte ein Bodendenkmalensemble zweier mittelalterlich-frühneuzeitlicher Fundstellen im Osten Unterfrankens nahe der Stadt Gerolzhofen untersucht werden. Bei insgesamt knapp 60 Wochen archäologischer Feldarbeit auf etwa 2100 m2 Grabungsfläche, geophysikalischen Prospektionen auf einem etwa 7,5 ha großen Areal und der daran anschließenden Auswertung von Dokumentation, Archivalien und Sekundärliteratur ließen sich bislang völlig unbekannte und zuweilen sensationelle Sachverhalte zur politischen Raumgliederung Mainfrankens vom frühen bis späten Mittelalter erschließen, deren Bedeutung weit über die Grenzen Unterfrankens hinausreicht. Ziel der in Kooperation des Lehrstuhls für Archäologie des Mittelalters der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der Stadt Gerolzhofen und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege durchgeführten Untersuchungen waren ein exponiert gelegener Bergsporn namens Kapellberg sowie eine unter der Bezeichnung Lindelach bekannte Dorfwüstung in unmittelbarer Nähe. Unter der Prämisse, eine spätmittelalterliche Bischofsresidenz des 14. Jahrhunderts in Form eines erst jüngst entdeckten, repräsentativ gestalteten Steinbaus auf dem Höhenrücken zu untersuchen, änderte sich der Projektverlauf überraschenderweise schnell dahingehend, dass der Platz insbesondere vom 8. bis 10. Jahrhundert eine überregionale Bedeutung aufwies. Neben der Entdeckung einer spätmerowingerzeitlichen Befestigungsanlage der fränkischen „Landnahmezeit“ aus den Jahrzehnten um 700 und der Identifizierung des Platzes als karolingischer Fiskalgutkomplex der Erstausstattung des Bistums Würzburg, kommt dem Ort insbesondere im 10. Jahrhundert ein hoher Stellenwert zu. Bei dem schon in den Jahren 926 +/- 27 errichteten Steingebäude samt umgebender Befestigung handelt es sich um einen repräsentativen und sogar in der Chronik Thietmars von Merseburg erwähnten Komplex der „Schweinfurter“ Markgrafen, der in seiner Architektur auf einer Stufe mit ottonischen Pfalzen und Königshöfen steht. Dessen folgende Entwicklung als würzburgischer Ministerialensitz gipfelte erst an ihrem Abschluss in der Erhebung als ursprünglich gesuchtes „pallacium“ der Würzburger Bischöfe, bis der Platz um 1400 endgültig aufgegeben wurde. Die Untersuchungen in der nahen, bereits im 10./11. Jahrhundert existierenden und in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges aufgelassenen Wirtschafteinheit Lindelach ergänzen diese Ergebnisse um viele siedlungsarchäologische Erkenntnisse, deren Forschungspotential in dieser Form in weiten Teilen Süddeutschlands seinesgleichen sucht. Trotz erfolgter Vorlage einer abschließenden Dissertationsschrift mit zahlreichen den vorhandenen Forschungsstand ergänzenden Aspekten dürften und sollten Kapellberg und Wüstung Lindelach auch in Zukunft weiterhin beste Voraussetzungen für eine archäologisch-historische Erforschung bieten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Auf den Spuren einer vergessenen Bischofspfalz nahe Gerolzhofen. Das Archäologische Jahr in Bayern 2008, 2009, 137-140
    E. Michl
  • Die Bischofspfalz von Lindelach bei Gerolzhofen, Lkr. Schweinfurt. Erste Ergebnisse der archäologischen Untersuchung 2007. Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 2009. Mainfränkische Studien 77, 2009, 287-309
    E. Michl
  • Der Kapellberg bei Gerolzhofen – Archäologische Spurensuche in einem „vergessenen“ Bodendenkmal, Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege 5, 2010, 291-301
    E. Michl
  • Der Kapellberg – Eine frühmittelalterliche Höhenbefestigung im Steigerwaldvorland. Das Archäologische Jahr in Bayern 2009, 2010, 111-114
    E. Michl
  • Der Kapellberg bei Gerolzhofen. Archäologische Spurensuche in einem "vergessenen" Bodendenkmal. In: Stadt Gerolzhofen (Hrsg.), Gerolzhofen. Stadtchronik 779-2012 (Baunach 2012) 207-220
    E. Michl
  • Vom Leben in einem unterfränkischen Dorf – Ausgrabungen in der mittelalterlich-frühneuzeitlichen Wüstung Lindelach. Das Archäologische Jahr in Bayern 2011, 2012, 142-145
    E. Michl
  • Castrum, Curia, Palatium?! Die neue Entdeckung eines alten Machtzentrums in Unterfranken. In: P. Ettel/L. Werther (Hrsg.), Zentrale Orte und zentrale Räume des Frühmittelalters in Süddeutschland. RGZM- Tagungen 18 (Mainz 2013) 353-374
    E. Michl
  • Die Siedlungskammer Lindelach – Bilanz und Perspektiven eines Forschungsprojektes zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Infrastruktur einer Mikroregion in Unterfranken. Beiträge zur Archäologie in Ober- und Unterfranken 8/2013, 2013, 249-279
    E. Michl
 
 

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