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GRK 1601:  Das Reale in der Kultur der Moderne

Fachliche Zuordnung Literaturwissenschaft
Geschichtswissenschaften
Kunst-, Musik-, Theater- und Medienwissenschaften
Philosophie
Sozialwissenschaften
Förderung Förderung von 2010 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 113397504
 
Die kulturwissenschaftliche Debatte der letzten Jahrzehnte war auf Effekte der Selbstreferenz von Texten, Sprache und kulturellen Symbolisierungen gerichtet. Es ging vor allem darum, die gesellschaftliche und geschichtliche Bedingtheit von Zeichenprozessen und der sich daraus ergebenden Objektkonstitutionen vor Augen zu führen. Diese Akzentsetzung, die sich unter den Sammelbegriff "Konstruktivismus“ fassen lässt, fordert ihren Preis. Sie lässt die Dimension der Fremdreferenz von Zeichensystemen in den Hintergrund treten, erzeugt eine gewisse Verlegenheit, was die Frage nach dem Realen unabhängig von der jeweiligen kulturellen Symbolwelt betrifft, und läuft dadurch Gefahr, den epistemischen Graben zwischen sciences und humanities zu vertiefen.
Bei genauerem Hinsehen handelt es sich hier indessen nicht um ein spezifisch postmodernes Dilemma, sondern um einen Zwiespalt, der die gesamte Moderne begleitet und zudem wesentlich ältere Wurzeln hat. Es bildet geradezu die Signatur der Moderne, dass sie ihren großen Erfolgen in der Praxis eine tiefe Skepsis hinsichtlich der Erkennbarkeit der "Dinge an sich“ und der Zugänglichkeit der Natur durch den Menschen entgegenstellt. Die kulturellen Selbstdiagnosen der Moderne werden von einem Narrativ dominiert, das einerseits von der wachsenden Autonomie des Subjekts und der Kultur als selbst geschaffener menschlicher Bedeutungswelt Zeugnis gibt, andererseits aber in seinem pessimistischen Gegensinn eine - oft literarisch ausgestaltete - Geschichte vom Verlust der Referenz, vom Verfall der Nähe zu den Dingen und von der Entwirklichung der Erfahrung erzählt.
Dieses gespaltene Narrativ prägt auch den Begriff des Realen in der Moderne, das kaum anders als paradox zu haben ist: als etwas, das sich im Prozess seiner Aneignung entzieht, das zur Symbolisierung und Repräsentation drängt, aber durch beide immer zugleich verstellt wird - sowohl Matrix als auch Hindernis kultureller Bedeutungsproduktion.
Das Graduiertenkolleg geht von einem kultursemiotischen Ansatz aus der Frage nach, wie kulturelle Fremdreferenz organisiert ist und wie sie auch und gerade in ihren Paradoxien funktioniert. Es soll "Schauplätze des Realen“, seiner begrifflichen Fassung und metaphorischen Modellierung aufsuchen - epistemologisch, wissenschaftstheoretisch, wahrnehmungsgeschichtlich, ästhetisch und literarisch.
DFG-Verfahren Graduiertenkollegs
Antragstellende Institution Universität Konstanz
 
 

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