Detailseite
Projekt Druckansicht

Interaktiver Einfluss von Glucocorticoiden und noradrenerger Aktivität auf das instrumentelle Lernen: Was sind die neuronalen Korrelate?

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 115404212
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das instrumentelle Lernen kann durch zwei parallele Prozesse gesteuert werden: (i) durch einen zielgerichteten Prozess, der vom orbitofrontalen Cortex und dorsomedialen Striatum abhängt und die Beziehung zwischen einer Handlung und dem motivationalen Wert des Handlungsergebnisses lernt und (ii) durch einen habituellen Prozess, der durch das dorsolaterale Striatum gestützt wird und eine Reaktion mit vorhergehenden Reizen assoziiert. In diesem Forschungsprojekt wurde untersucht, ob und durch welche neuroendokrinen Mechanismen Stress die Nutzung dieser beiden Prozesse des instrumentellen Lernens beeinflusst. Zur Trennung zielgerichteter und habitueller Prozesse wurde ein Devaluationsparadigma verwendet, in dem gesunde Versuchspersonen zunächst zwei instrumentelle Handlungen erlernten, die zu Nahrungsmittelreizen führten. Anschließend wurde eines der beiden Handlungsergebnisse entwertet (devaluiert), indem die ProbandInnen mit einem entsprechenden Nahrungsmittel gesättigt wurden. Die Sensitivität des Verhaltens gegenüber der Veränderung im Wert der Handlungskonsequenz wurde in einem abschließenden Extinktionstest geprüft. Stress vor dem Lernen beeinflusste die instrumentelle Lernleistung nicht, machte das Verhalten jedoch insensitiv gegenüber der Veränderung im Wert des Handlungsergebnisses und damit habituell. Wurden die Versuchspersonen erst nach der Handlungsentwertung einem Stressor unterzogen, so zeigte sich ein sehr ähnlicher Effekt, was darauf hindeutet, dass Stress auch dann habituelles Verhalten fördert, wenn der anfängliche Handlungserwerb von Stress unbeeinflusst ist. In pharmakologischen Studien zeigte sich, dass der Wechsel vom zielgerichteten Handeln zum habituellen Verhalten durch die gleichzeitige Gabe von Hydrocortison, einem synthetischen Glucocorticoid, und Yohimbin, einem α2-Adrenozeptorantagonisten, der zu gesteigerter noradrenerger Aktivität führt, hervorgerufen werden kann. Die pharmakologische Blockade des Einflusses von Noradrenalin hingegen verhinderte den Stress-induzierten Wechsel vom zielgerichteten zum habituellen Verhalten. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie konnte des Weiteren gezeigt werden, dass Hydrocortison und Yohimbin gemeinsam zu einer verringerten Aktivität des orbitofrontalen Cortex während des Extinktionstestes führen. Zusammengenommen zeigen die Befunde des Forschungsprojektes, dass Stress habituelle Prozesse zu Lasten zielgerichteter Prozesse begünstigt. Dieser Einfluss scheint auf das interaktive Zusammenspiel von Glucocorticoiden und noradrenerger Erregung zurückzuführen zu sein, welche jene Hirnstrukturen beeinträchtigen, die für das zielgerichtete Handeln zentral sind. Die vorliegenden Befunde könnten bedeutsame Implikationen für Abhängigkeitsstörungen haben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Stress prompts habit behavior in humans. The Journal of Neuroscience, 29(22), 7191-7198
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2009). The context counts: Congruent learning and testing environments prevent memory retrieval impairment following stress. Cognitive, Affective, and Behavioral Neuroscience, 9(3), 229-236
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2010). Concurrent glucocorticoid and noradrenergic activity shifts instrumental behavior from goal-directed to habitual control. The Journal of Neuroscience, 30(24), 8190-8196
    Schwabe, L., Tegenthoff, M., Höffken, O., & Wolf, O. T.
  • (2010). Emotional modulation of the attentional blink: Is there an effect of stress? Emotion, 10(2), 283-288
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2010). Learning under stress impairs memory formation. Neurobiology of Learning and Memory, 93, 183-188
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2010). Socially evaluated cold pressor stress after instrumental learning favors habits over goal-directed action. Psychoneuroendocrinology, 35, 977-986
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2011). Preventing the stress-induced shift from goal-directed to habit action with a beta-adrenergic antagonist. The Journal of Neuroscience, 31(47), 17317-17325
    Schwabe, L., Höffken, O., Tegenthoff, M., & Wolf, O. T.
  • (2011). Stress increases behavioral resistance to extinction. Psychoneuroendocrinology, 36(9), 1287-1293
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
  • (2011). Stress, habits and drug addiction: a psychoneuroendocrinological perspective. Experimental and Clinical Psychopharmacology, 19(1), 53-63
    Schwabe, L., Dickinson, A., & Wolf, O. T.
  • (2012). Simultaneous glucocorticoid and noradrenergic activity disrupts the neural basis of goal-directed action in the human brain. The Journal of Neuroscience, 32, 10146-10155
    Schwabe, L., Tegenthoff, M., Höffken, O., & Wolf, O. T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.1304-12.2012)
  • (2013). Stress and multiple memory systems: from 'thinking' to 'doing'. Trends in Cognitive Sciences, 17(2), 60-68
    Schwabe, L., & Wolf, O. T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.tics.2012.12.001)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung