Konsum, Soziale Normen und Staatslegitimität. Verteilungsgerechtigkeit in Polen und Großbritannien 1945-1949
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das vorliegende Projekt untersuchte die Verteilungsgerechtigkeitsregime in Polen und Großbritannien mit der Haupthypothese, dass Moralisierung, Politisierung und Verrechtlichung des Konsums nach 1945 als gemeinsames Phänomen der europäischen Gesellschaften betrachtet werden können. Hierbei sollte im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit mit dem Konzept der moral economy moralisierte und politisierte Konsumdiskurse untersucht werden, wobei auch das Problem der Staatslegitimität im Rahmen von Wohlfahrtsstaat und Planwirtschaft Beachtung finden sollte. Das Projekt war seit Januar 2009 im übergreifenden Forschungsansatz der Abteilung „Der Wandel des Politischen im 20. Jahrhundert. Normen, Rechte, Semantiken“ im Zentrum für Zeithistorische Forschung eingeordnet, dass für die Entwicklung des Forschungsvorhabens entscheidend war. Nach Abschluss der Archivrecherchen und nach Sichtung der internationalen Sekundärliteratur sowie nach Vorstellung und Weiterentwicklung in der internationalen wissenschaftlichen Öffentlichkeit empfahl sich vor allem die Fokussierung auf den Fall Polen. Die Annahme zu Beginn des Projekts, dass es zu keinem symmetrischen Vergleich, sondern auf das Bearbeiten einzelner Fallstudien auf einige charakteristischer Eigenschaften kommen würde, bestätigte sich. In den Vordergrund rückte nun die transnationale Perspektive auf europäische Verteilungsgerechtigkeitsregime, wobei in den Fallstudien die Eigenschaften polnischer und britischer Regime unter der leitenden Perspektive des Staatsinterventionalismus, gewissermaßen als tertium comparationis, erforscht wurden. In den Veröffentlichungen wurde darüber hinaus mit unterschiedlichen interdisziplinären Ansätzen wie der Soziologie der Moral, der Mikrogeschichte und der Verwendung der Gender‐Perspektive gearbeitet. Wichtige Erkenntnisse, die die Archivrecherche erbrachte, galten der transnationalen Herauskristallisierung von sozialen Normen der Nachkriegsgesellschaften schon während des Krieges. So prägten insbesondere die Exil‐Regierungen von Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien in London den systemübergreifenden Prozess der Auseinandersetzung zwischen dem wiederbelebten Internationalismus und den Nationalstaaten. Diese Feststellung lässt sich gut in die neusten Forschungsdiskurse einfügen, die besagen, dass die gesellschaftlichen Probleme der Nachkriegsgesellschaften keinen logischen Auftakt zum Kalten Krieg und der Ost‐West‐Konfliktkonstellation darstellen. Vielmehr wurde auf die starke Zäsur des Jahres 1945 verzichtet und festgestellt, dass die Frage nach der Kontingenz des Ost‐West Kategorien um die Frage nach dem Einfluss der internationalen Organisationen auf den europäischen Staatsinterventionismus bereichert werden muss.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Pomóc, załatwić, zorganizować: kobiety w strukturach formalnych i nieformalnych w PRL [Helfen, erledigen, organsieren: Frauen in formellen und informellen Strukturen in der Volksrepublik Polen], in: Agnieszka Janiak‐Jasińska, Katarzyna Sierakowska, Andrzej Szwarc (Hg.): Działaczki społeczne, feministki, obywatelki... Samooranizowanie się kobiet na ziemiach polskich po 1918 roku (na tle porównawczym) [Sozialarbeiterinnen, Feministinnen, Staatsbürgerinnen... Selbstorganisation von Frauen in den polnischen Gebieten nach 1918], Band II, Warschau: Neriton 2009, S. 417‐27
Małgorzata Mazurek
-
Antropologia niedoboru w NRD i PRL 1971‐1989 [Anthropologie des Mangels in der DDR und der Volksrepublik Polen 1971‐1989], Breslau: ATUT 2010
Małgorzata Mazurek
-
Les experts dans la „société des files d’attente”: les chances du consumérisme dans la Pologne communiste de Solidarność, in: Antonela Capelle‐Pogăcean u. Nadège Ragaru (Hg.), Vie quotidienne et pouvoir sous le communisme ‐ Consommer à l’Est, Paris: Éditions KARTHALA 2010, S.175‐205
Małgorzata Mazurek
-
Społeczeństwo kolejki. O doświadczeniach niedoboru 1945‐1989 [Die Gesellschaft der Warteschlange. Über Erfahrungen des Mangels 1945‐1989], Warschau: Wydawnictwo TRIO 2010
Małgorzata Mazurek
-
Figures de la débrouillardise en temps de crise en Pologne, in: Rose‐Marie Lagrave (Hg.), Fragments du communisme en Europe Centrale, Paris: Editions EHESS 2011, S. 113‐138
Małgorzata Mazurek
-
From Welfare‐State to Self‐Welfare: Everyday Opposition among Textile Female Workers in Lodz, in: Jie‐Hyun Lim u. Karen Petrone (Hg.), Mass Dictatorship and Gender Politics, Basingstoke: Palgrave/Macmillan 2011, S. 278‐300
Małgorzata Mazurek