Analyse griechischer und lateinischer Heiligenviten (4.-6. Jh.) im Blick auf religiöse und soziale Leitbilder, besonders auf Bildungsrezeption und -kritik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt untersuchte den christlichen hagiographischen Diskurs in der Spätantike anhand der Frage nach religiösen und gesellschaftlichen Leitbildern, insbesondere im Blick auf Bildungsvorstellungen in Heiligenviten, was sowohl das Verhältnis von paganer und geistlicher Bildung als auch Konzepte religiöser Bildung einschloss. Die Kommunikationsstrategien innerhalb hagiographischer Textcluster (z.B. Athanasius von Alexandrien als Verfasser der Vita Antonii und als selbst als Heiliger in späteren hagiographischen Texten) genossen besondere Aufmerksamkeit. In Teilprojekten wurden exemplarische Tiefenbohrungen vorgenommen: zum Einen hinsichtlich der literarischen, archäologischen und ikonographischen Quellen zu Heiligen in Rom, zum Anderen in Bezug auf die Vita Pauli des Hieronymus als erstem eigenständigem lateinischem Heiligentext. Der Projektleiter widmete sich den ägyptischen Wüstenväter, insbesondere dem Einsiedler Antonius; hierzu wurde eine Reihe von Publikationen vorgelegt. Die Grundlage für diese und weitere – teils geplante – Forschungen wurde durch Erstellung einer Datenbank zur hagiographischen Topik, Semantik und Pragmatik (wiederum mit speziellem Fokus auf Bildungsrezeption und -terminologie) gelegt. Die systematische Bestandsaufnahme hagiographischer Topoi wurde durch methodische Überlegungen zur Erforschung der Hagiographie, der Narratologie in hagiographischen Texten und der Begrifflichkeit und Konzeptualisierbarkeit von Heiligkeit in spätantiken Religionskulturen flankiert (letzteres durch eine extern finanzierte interdisziplinäre Fachtagung). Neben der erwarteten vertieften Erschließung des spätantiken hagiographischen Materials im Blick auf die darin kommunizierten religiösen und gesellschaftlichen Leitbilder ergaben sich so unerwartete Erträge bezüglich des Konzepts der „hagiographischen Plausibilität“ und eines spezifisch spätantiken, auf monotheistische Religionen zugeschnittenen „hagiographischen Diskurses“. Die öffentliche Sichtbarkeit des Projekts zeigte sich z.B. an der Einladung des Projektleiters zu einem Radiobeitrag („Heilige: Über besondere Menschen und ihr Verhältnis zur Gesellschaft“, WDR: Lebenszeichen, 01.11.2010) und an der Besprechung der neuesten Monographie des Projektleiters (Antonius: Der erste Mönch. Leben – Lehre – Legende, München 2013) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (09.03.2013).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010): Die Heiligen. Von den frühchristlichen Märtyrern bis zur Gegenwart (bsr 2498), München: C.H. Beck
P. Gemeinhardt
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(2011): Sancta simplicitas? Bildung als Thema der spätantiken lateinischen Hagiographie, in: B. R. Suchla (Hg.), Von Homer bis Landino. Beiträge zur Antike und Spätantike sowie zu deren Rezeptionsund Wirkungsgeschichte. Festgabe für A. Wlosok zum 80. Geburtstag, Berlin: Pro Business, 85–113
P. Gemeinhardt
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(2012): Die Heiligen der Kirche – die Gemeinschaft der Heiligen, in: Heilige, Heiliges und Heiligkeit in spätantiken Religionskulturen, hg. von P. Gemeinhardt/K. Heyden (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 61), Berlin/Boston: de Gruyter, 385–414
P. Gemeinhardt
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(2012): Vita Antonii oder Passio Antonii? Biographisches Genre und martyrologische Topik in der ersten Asketenvita, in: P. Gemeinhardt/J. Leemans (eds.), Christian Martyrdom in Late Antiquity (300–450 AD). History and Discourse, Tradition and Religious Identity (Arbeiten zur Kirchengeschichte 116), Berlin/Boston: de Gruyter, 79–114
P. Gemeinhardt
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Heilige, Heiliges und Heiligkeit in spätantiken Religionskulturen (Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 61), Berlin/Boston: de Gruyter
P. Gemeinhardt/K. Heyden (Hgg.)
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(2013): Antonius: Der erste Mönch. Leben – Lehre – Legende, München: C.H. Beck
P. Gemeinhardt