Praxeologien des Körpers
Final Report Abstract
Das Netzwerk „Praxeologie des Körpers“ hat sich zum Ziel gesetzt, die als praxeologisch bezeichnete Perspektive, die einen innovativen Forschungsbeitrag zum Thema Körper zu leisten verspricht, auf die Kategorie Geschlecht bezogen kritisch zu reflektieren. Praxistheorien erscheinen besonders geeignet, gängige Dichotomien in der Debatte über den stets schon geschlechtlich konstituierten Körper, allen voran die von 'Natur' und 'Kultur', zu überwinden. Dieser Ansatz konzentriert sich auf Handlungsvollzüge, in denen als natürlich und kulturell gedachte, individuelle und gesellschaftliche Dimensionen immer schon ineinander verwoben sind. Praxistheorien rekurrieren auf vielfältige disziplinäre Zugänge wie z.B. soziologische Handlungstheorien, Konzepte der Historischen Anthropologie, philosophische Beiträge zu den Science and Technology Studies oder zur Biopolitik sowie ethnologische Arbeiten zum Thema embodiment, die jedoch in der Regel nicht in Beziehung zueinander gesetzt werden. Das Netzwerk hat diese Fragestellung in interdisziplinärer Zusammensetzung diskutiert, um Grenzen und Leerstellen der jeweiligen Zugänge ausfindig zu machen und produktiv zu wenden. Darüber hinaus wurde anhand der konkreten Forschungsprojekte einzelner Netzwerkmitglieder überprüft, wie einerseits Praxistheorien in der empirischen Forschung operationalisierbar sind und andererseits durch empirische Befunde neu überdacht werden müssen. Als Kernpunkte der theoretischen Debatte wurden ausgemacht: 1. Wie Materialität und diskursive Bedeutungen zusammengedacht werden können, ohne dabei überholte Dualismen zu reproduzieren; 2. in Bezug auf Materialität und Körperpraxen die Frage danach, wo Momente des Wandels einsetzen und wie diese sich strukturieren; 3. wie das Verhältnis von Ereignis und Struktur in unterschiedlichen Performativitätsansätzen sowie affektive/emotionale Dimensionen in ihrer spezifisch körperlichen Dimension erfasst werden können; 4. wie die Verbindung von Körperpraxen und Körperdiskursen analytisch gefasst werden kann.
Publications
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Brockmeyer, Bettina; Lettow, Susanne; Manz, Ulrike; Schäfer, Sabine
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