FOR 605: Emotion und Verhalten: Reflektive und impulsive Prozesse
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das durchgeführte Forschungsprogramm hatte das übergeordnete Ziel, gleichgerichtete Entwicklungen in Sozial-und Biopsychologie zusammenzuführen und im Themenbereich der Emotionsforschung Synergieeffekte zu bewirken. Als grundlegendes theoretisches Modell fungierte das „reflective-impulsive model“ (Strack & Deutsch, 2004), das in der wissenschaftlichen Literatur inzwischen mehr als 2200 mal zitiert wurde. Die im Rahmen der Forschergruppe durchgeführten Projekte hatten das Ziel, die impulsive Determination menschlichen Verhaltens in der Wechselwirkung mit reflektiven Steuerungs- und Regulationsprozessen experimentell zu untersuchen, wobei der Rolle von Bewertungen und Emotionen eine besondere Bedeutung zugemessen wurde. Eine besondere Bedeutung kam der auf Annäherung und Vermeidung ausgerichteten „motivationalen Orientierung“ zu, die sowohl in der Sozial- wie auch in der Biopsychologie konzeptuell verankert ist. Vor diesem Hintergrund wurde die Rolle von Emotionen bei der Verhaltenssteuerung untersucht, wobei ein Schwerpunkt auf der Erforschung der mentalen und neuronalen Grundlagen emotionaler Prozesse lag. Zum zweiten ging es um die Verhaltensorientierung in Richtung auf Annäherung und Vermeidung zum Zielobjekt. Die meisten Ergebnisse sind im Sonderheft der Zeitschrift „Frontiers in Psychology: Emotion Science“ mit dem Titel „Emotion and Behavior“ (2016) veröffentlicht. Die einzelnen Befunde überspannen ein breites Spektrum grundlagen- und anwendungsorientierter Emotionsforschung. So fanden beispielsweise Lingdan Wu et al., dass Raucher in der Lage sind, ihren Affekt durch reflektives Appraisal zu regulieren, während ihr Begehren nach Nikotin eher mit emotionaler Erregung als mit Valenz verknüpft war. Die Ergebnisse von Beate Seibt und Kollegen zeigen, dass der soziale Kontext die faziale Nachahmung beeinflusst. Julia Kozlik und Kollegen haben in ihren Arbeiten gezeigt, dass motivationale Orientierung (Annäherung versus Vermeidung) auch unabhängig von evaluativer Kodierung (positiv versus negativ) funktioniert. Auf der Grundlage der im Rahmen der Forschergruppe durchgeführten Studien haben Roland Deutsch und Mitarbeiter ein integratives Entlastungsmodell (integrative relief model) entwickelt, das einen wichtigen Beitrag zur konzeptuellen Integration affektiver und motivationaler Prozesse bei psychischer Entlastung leistet. Sascha Topolinski und Fritz Strack haben die Aktivität des Stirnmuskels (corrugator) bei der Auslösung von Überraschung untersucht und gezeigt, dass kurzfristiger negativer Affekt das Überraschungserleben einleitet. Julia Diemer und Kollegen haben die Auslösung von Furcht unter Bedingungen virtueller Realität (VR) erforscht und auf der Grundlage ihrer Befunde ein interozeptives Attributionsmodell formuliert. Das multimodale Zusammenwirken von Emotionsreizen (visuell und auditorisch) in verschiedenen Bereichen was das Thema der Arbeiten von Antje Gerdes und Kollegen. Matthias Wieser und Kollegen haben sich mit der gegenseitigen Beeinflussung von Schmerz und emotionaler Gesichtsverarbeitung befasst und u.a. herausgefunden, dass die Empfindung von Schmerz zwar die Verarbeitung zufriedener und angenehmer Gesichtsausdrücke beeinflusst, nicht aber die Verarbeitung von unzufriedenen und unangenehmen Gesichtsausdrücken.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Emotion and Behavior. Special Issue of: Frontiers in Psychology (2016) 7
Eds.: Fritz Strack, Paul Pauli, & Peter Weyers
(Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fpsyg.2016.00313)