Jüdische Räume: Historische und symbolische Landschaften in Berlin und Budapest
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das DFG-Forschungsprojekt setzte sich das Ziel, am Beispiel der Spandauer Vorstadt in Berlin und des Jüdischen Viertels von Budapest den Prozess und die Akteure der Konstruktion und Konturierung von Jüdischen Räumen zu analysieren. An diesen spezifischen Orten sind Spuren, Lebenswege und Narrative jüdischen Lebens tief in den Stadtraum eingeschrieben und sie verkörpern so zugleich spezifische Bilder und Traditionen urbaner Kultur. Jüdische Räume sind hier zum integralen Bestandteil spezieller Erinnerungskulturen und Erinnerungspolitiken geworden, in denen sich lokale und nationale, urbane und globale Dimensionen vermischen. Der dabei konstruierte symbolische Ort bildet ein Forum, an dem sich verschiedene Akteure, Szenen und Bewegungen der urbanen Gesellschaft begegnen und die Formen ihrer Selbst- und Fremdrepräsentation aushandeln. Aufgrund der Forschungsergebnisse zeigen sich enge Zusammenhänge zwischen diesen Jüdischer Räumen und den urbanen Erinnerungspolitiken. In beiden Städten ließ sich feststellen, daß „Bilder des Jüdischen“ heute einen elementaren Kern im Prozess der Revitalisierung des jüdischen materiellen Erbes Berlins und Budapests darstellen. Sowohl in Budapest als auch in Berlin wurde ein spezifisches Image aufgrund dieser Bilder in den letzten Jahrzehnten bewusst aufgebaut, das eine besondere Mischung aus historischen Bildern, erfahrbarer Geschichte, Erinnerungskultur und vor allem aus dem Versprechen „authentischer Spuren“ des verlorenen ungarisch-jüdischen bzw. deutsch-jüdischen Lebens präsentiert. „Jüdisches Berlin“ und „jüdisches Budapest“ sind damit in der heutigen Vermarktungspraxis der Städte eine eingeführte, selbständige Marke geworden. Anknüpfend an diese den Forschungsergebnisse wurde das inzwischen bewilligte Folgeprojekt „Vom „Trauma“ zur „Marke“? – Das „Jüdische Berlin“ zwischen Erinnerungspolitik und urbanem Marketing mit dem Ziel entwickelt, einerseits durch die Analyse des Konstruktionsprozesses „jüdisches Berlin” die dabei verwendete Bilder, ihre Ursprünge, ihre Anwendungsweisen in Wechselwirkung mit den diversen Phasen des Vergangenheitsbewältigungsprozesses zu erschließen. Andererseits wird der Versuch unternommen, den Prozess der „urban imagineering” im Kontext der Erinnerungskultur nach 1989 festzuhalten, ihre Akteuren, Praxen und Bilder zu kartieren und damit neue Strategien urbaner Repräsentation zu identifizieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Be-wohnte Dinge, in: Hartmann, Andreas [u.a.] (Hg.): Die Macht der Dinge. Symbolische Kommunikation und kulturelles Handeln. Festschrift für Ruth-Elisabeth Mohrmann, Münster 2011, S. 308-316
Wolfgang Kaschuba
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Wem gehört die Stadt? Für eine Re-Politisierung der Stadtgeschichte, in: Gemmeke, Claudia, Nentwig, Franziska (Hg.): Die Stadt und ihr Gedächtnis. Zur Zukunft der Stadtmuseen, Berlin 2011, S. 17-25
Wolfgang Kaschuba
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„Interpreting the Jewish Quarter“, in: Special Issue “Jewish Space Reloaded!” of Anthropological Journal of European Cultures, Vol 23 Issue 2, 2014, Pages: 26–42
Eszter B. Gantner
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„Jewish Quarters as Urban Tableaux“. S. 197-212 in: A. Gromova, F.Heinert, S.Vogt (Hg.) "Jewish and Non-Jewish Spaces in the Urban Context", Berlin, Neofelis Verlag, 2015. ISBN (Print): 978-3-943414-44-8
Eszter B. Gantner
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„The Jewish Quarter’ and ‘Kosher Light’: On the ‘Migrantisation’ of Jewish Urban Space”. S. 293-Ende, in: A. Gromova, F.Heinert, S.Vogt (Hg.) "Jewish and Non-Jewish Spaces in the Urban Context", Berlin, Neofelis Verlag, 2015. ISBN (Print): 978-3-943414-44-8
Wolfgang Kaschuba