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Die Stadtmauer von Resafa (Nordsyrien). Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen

Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 136972141
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Erforscht wurde der Entstehungsprozess der Stadtmauer von Resafa sowie deren spätere Veränderungen. Mehrere Methoden der Bauforschung wurden dafür kombiniert. Berichtet wird zuerst von der aktuell letzten Kampagne 2010, während derer entsprechend des DFG-Antrags das Terrestrische Laserscanning (TLS) zur Dokumentation ausgesuchter Stadtmauerbereiche zum Einsatz kam. Dabei wurde ein für die Bauforschung neuer Weg beschritten: Die beteiligten Geodäten von der Universität der Bundeswehr München erstellten die Scans und übernahmen deren Registrierung und Georeferenzierung. Von den Bauforschern der TU Berlin wurden die Punktdaten ausgewertet und die gewünschten Pläne generiert. Das Verfahren der Arbeitsteilung war gewinnbringend, da dadurch Reibungsverluste zwischen den unterschiedlichen Fachdisziplinen vermieden werden konnten und größere Flexibilität bei der Auswertung der Daten gewährleistet war. Eine solche Arbeitsteilung ist heute erst durch die Weiterentwicklung der Software zur Auswertung von 3D-Laserscandaten bezüglich Benutzerfreundlichkeit und Kostenreduktion allgemein möglich. Die Scans von vier Türmen wurden zuerst bearbeitet. Dabei galt es, neue Erkenntnisse über die wenigen erhaltenen Gewölbe zu gewinnen. Zur Zeit werden die Scans des zusammenhängenden Bereichs im Nordosten ausgewertet: Vornehmlich in Bezug auf Schnitte und Ansichten, zur Analyse von Mauerwerksfugen an der Kurtine und der Spuren ehemaliger Gewölbe bzw. deren Lehrgerüste an den Turmwänden. Am Anfang der Arbeiten stand jedoch die lange überfällige tachymetrische Vermessung des Grundrisses der gesamten Stadtmauer. Parallel dazu wurden die während ausgedehnter Begehungen gemachten Beobachtungen in einem Raumbuch und schließlich einer Datenbank gesammelt. Eine Reihe diagnostischer Merkmale wurden dabei greifbar, nach deren Kartierung die organisatorische Aufteilung der Baustelle nachvollziehbar wird. Diese Befunde sind im Einzelnen: Knickstellen im Mauerverlauf, Maueransatzfugen, die Öffnungsformen bei den Schießscharten, die Wölbsteinformen im unteren Wehrgang sowie der Fertigstellungsgrad der Galeriebögen des Wehrgangs bezüglich der Abarbeitung der Bossen. Die Auswertung der nebeneinander eingetragenen Befundkartierungen erlaubte die Rekonstruktion der Bauabfolge. Diese wird in vier Karten der Bauetappen dargestellt. Die Einteilung der Etappen wurde zuvor korreliert mit der Tabelle zur Chronologie gesamt Resafas (Arbeitsgrundlage zum Zeitschichtenplan, Teilprojekt 1 Archäologische Karte). Baubeginn war demnach wahrscheinlich 499/500 n. Chr. Die wohl interessanteste Erkenntnis betrifft die geteilte Methode mit der die Stadtmauer von Resafa errichtet wurde. Nach der Festlegung eines nur groben Konzeptplans zur Gesamtanlage wurde offensichtlich in der ersten Bauetappe (Stadium 1) ein Musterabschnitt als 1:1 Baumodell von hoch qualifizierten Werkgruppen errichtet. Dieser Abschnitt erstreckt sich vom Eckturm 10 bis Turm 15. Im Musterabschnitt stehen die großen Türme in frei abgesteckten Abständen von 250 Fuß. In den übrigen Mauerpartien ergeben sich die Standorte der Türme durch die Teilung der übergeordneten Mauerstrecken, in denen sie stehen. Außerdem fällt im Musterabschnitt, in welchem jeder zweite große Turm noch ein polygonaler ist, die hohe Qualität der Architekturdetails auf: Die einzigartige Wendeltreppe in Turm 10, die besonderen Wölbsteintypen über dem unteren Wehrgang und die Verwendung von Mörtelkanälen in eben diesen Wölbungen. Ebenfalls in der ersten Bauetappe wurde höchstwahrscheinlich der Bereich am Wasserdurchlass an der Westmauer begonnen. Hier nun nicht als Musterbau, sondern als Bauglied, das im Zusammenhang mit den Wasserbautechnischen Anlagen zur Versorgung der Stadt steht und sich deshalb dorthin ausrichtet. Die Baustadien 2–4 betreffen schließlich die eigentliche Großbaustelle. Ähnlich deutlich, wie die Mauerbereiche des Baubeginns zeichnen sich auch diejenigen Abschnitte ab, welche das Ende der Bauabfolge markieren. Sie besitzen keinen Wehrgang, sondern nur Blendnischen. Die Bauspuren lassen erkennen, dass im Verzicht auf den Wehrgang in manchen Mauerbereichen keine besondere wehrtechnische Raffinesse zu sehen ist, sondern sich eine Notsituation manifestiert: Bereits in den Bauetappen 2–3 deutet sich eine immer stärker werdende Bauverzögerung ab, deren mögliche historische Ursachen nachgezeichnet werden. Bald nach Vollendung des Bauwerks im zweiten Jahrzehnt des 6. Jhs. standen umfangreiche Umbauarbeiten an: Die Gewölbe wurden eingezogen, wahrscheinlich in den 530er Jahren. Womöglich waren es diese aufwendigen Bauarbeiten entlang der gesamten Mauer, welche Prokop folgern ließ, Justinian I (reg. 527–565) sei der Erbauer der Stadtmauer von Resafa. Obwohl heute die meisten Gewölbe eingestürzt sind, erlauben es die Analysen, auch zu diesen Aussagen zur Bauorganisation zu treffen. Wie bereits bei dem im Baustadium 1 verwendeten wenig zweckmäßigen monolithen Wölbstein wird bezüglich der Untauglichkeit scheitrechter Bögen als Gewölbeauflager ein gewisses ‚Learning by doing’ an der Stadtmauer deutlich. Abschließend werden die Ergebnisse zu den Analysen der Reparaturen an der Stadtmauer vorgestellt. Vier zeitliche Reparaturphasen lassen sich ansatzweise trennen. Die früheste und zugleich umfassendste lässt sich anhand von verwendeten Spolien mit den Stützmassiven an der Basilika A in Beziehung setzen. Sie datiert sehr wahrscheinlich in die Zeit des Kalifen Hišām ibn ʿAbd al-Malik (reg. 724–743).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Resafa, Syrien. Die Stadtmauer. Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen, MSD Jahrbuch 2006–2008, 4 (Berlin 2008), 40
    C. Hof
  • Masonry Techniques of the Early Sixth Century City Wall of Resafa, Syria, in: K.-E. Kurrer u.a. (Hrsg.), Proceedings of the Third International Congress on Construction History, Cottbus, May 2009, (Cottbus 2009) 813–820
    C. Hof
  • Resafa, Syrien. Die Stadtmauer. Planmodifikation beim Wasserdurchlass, MSD Jahrbuch 2007–2009, 5 (Berlin 2009), 33
    C. Hof
  • Die Stadtmauer von Resafa. Spuren früher Planänderung und deren Datierungsrelevanz, in: 45. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung vom 30. April bis 4. Mai 2008 in Regensburg, Koldewey-Gesellschaft 45 (Bonn 2010) 235–248
    C. Hof
  • Resafa, Syrien. Die Stadtmauer. Mörtelkanäle in den Bogensteinen, MSD Jahrbuch 2008–2010, 6 (Berlin 2010), 40
    C. Hof
  • Resafa, Syrien. Die Stadtmauer. Terrestrisches Laserscanning. Dokumentations- und Analyseinstrument, MSD Jahrbuch 2009–2011, 7 (Berlin 2011), 34
    C. Hof
 
 

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