Körpertechniken in der Frühen Neuzeit, d.h. der kulturell strukturierte, instrumentelle Gebrauch des Körpers und seine Darstellung in Schrift und Bild
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Netzwerk „Körpertechniken in der Frühen Neuzeit“ fokussierte bisherige Grau- und Randbereiche der Forschung, indem es weniger stark formalisierte Körperpraktiken jenseits rituell-symbolischer Kommunikation einerseits und normativer Biopolitiktechniken andererseits in den Blick nahm. Schwerpunkte des Forschungsprogramms lagen auf Darstellungsformen in Schrift und Bild, Alltagskultur, Arbeitstechniken und frühneuzeitlicher Bewegungskultur/ Sport. Zu letztgenanntem Themenbereich entstand ein Tagungssammelband „Sports and Physical Exercise in Early Modern Culture“, der 2015 bei Ashgate erscheint und bisherige Forschungen zur Sportgeschichte durch Ausweitung der Quellenbasis sowie Einbeziehung neuerer methodischer Ansätze wesentlich erweitert bzw. revidiert: So lassen sich eine Kommerzialisierung des Sports, Professionalisierung von Spielern und Trainern, Bau von Sportanlagen, Kodifizierung von Regeln und Versuche der Optimierung von Bewegungsabläufen bereits zu Beginn der Frühen Neuzeit finden. Das 18. Jahrhundert ist deshalb nicht als Auftakt moderner Entwicklungen, sondern auch und vor allem in Fortsetzung früherer Tendenzen zu sehen. Ebenso konnte eine behauptete Krise des Sports im 17. und 18. Jahrhundert in nicht-normativen Quellen nicht ausfindig gemacht werden. Vielmehr zeigte sich, dass Transfer und Transformation von Sportarten auch für die Frühe Neuzeit viel stärker als bislang geschehen zu berücksichtigen sind, dies gilt zum einen zwischen Ländern und Regionen (Bsp. jeu de paume) sowie zwischen dem ländlichen und dem städtischen Raum, zum anderen aber auch bezogen auf unterschiedliche soziale Gruppen (Bsp. Schwimmen). Frauen und Mädchen der Unter- bzw. Oberschichten setzten sich außerdem über die zumeist restriktiven Bewegungsvorgaben häufiger hinweg als Frauen und Mädchen der mittleren Stände, weshalb der Stand/ die Klasse anscheinend größere Auswirkungen auf sportliche Praktiken hatte als das Geschlecht (Bsp. Jagd). Informelle Körpertechniken jenseits des Sports wurden v.a. in den Einzelpublikationen der NetzwerkteilnehmerInnen dokumentiert und werden aktuell im Zusammenhang mit der Geschichte der Sinne und der Emotionen weiter erforscht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- GutsMuths Schwimmkonzepte im europäischen Vergleich, in: Michael Krüger (Hg.): Johann Christoph Friedrich GutsMuths (1759-1839) und die philanthropische Bewegung in Deutschland, Hamburg 2010, 67-77
Rebekka v. Mallinckrodt
- Artikel „Ringen“, „Rudern“, „Schießen“, „Schwimmen“, „Tauchen“, „Tennis“, „Turnier“ und „Wettkampf“ in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 11 (2010), Bd. 13 (2011) und Bd. 14 (2011)
Rebekka v. Mallinckrodt
- Beschleunigung in der Sattelzeit? – Sportliche, medizinische und soziale Perspektiven auf den Wettlauf um 1800, in: Achim Landwehr (Hg.): Frühe Neue Zeiten. Zeitwissen zwischen Reformation und Revolution, Bielefeld 2012, 83-104
Rebekka v. Mallinckrodt
- Taucherglocken, U-Boote und Aquanauten – Die Erschließung der Meere im 17. Jahrhundert zwischen Utopie und Experiment, in: Karin Friedrich (Hg.): Die Erschließung des Raumes. Konstruktion, Imagination und Darstellung von Räumen und Grenzen im Barockzeitalter (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 51), Wiesbaden 2014, 337-354
Rebekka v. Mallinckrodt
- French Enlightenment Swimming, in: Rebekka v. Mallinckrodt/ Angela Schattner (Hgg.): Sports and Physical Exercise in Early Modern Culture, London 2016
Rebekka v. Mallinckrodt
- Sports and Physical Exercise in Early Modern Culture, London ; New York ; Routledge, Taylor & Francis Group ; 2016 ; xii, 272 Seiten ISBN 978-1-4724-1194-5
Rebekka v. Mallinckrodt/ Angela Schattner (Hgg.)