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Untersuchung der Veränderung von Beteiligungsformen am wissenschaftlichen Kommunikationssystem durch Open Access. Ländervergleich Deutschland/Südafrika

Fachliche Zuordnung Soziologische Theorie
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 145491044
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Zusammenhang mit der Entwicklung hin zum frei zugänglichen Publizieren (Open Access) trifft man häufig auf den Anspruch, dass die Beteiligung am wissenschaftlichen Kommunikationssystem in einem höheren Maße selbstreguliert erfolgen und nicht durch andere, der Wissenschaft äußerlichen Faktoren, wie finanzielle Zugangshürden, beeinflusst werden soll. Das Projekt nimmt diesen Anspruch zum Anlass, um am Beispiel von Astronomen und Mathematikern aus Deutschland und Südafrika der Frage nachzugehen, welche Folgen das Entstehen von frei zugänglichen Journalen (Golden Road) und der Aufbau von Repositorien zur ZweitveröffentIichung von an zugangsbeschränkten Orten erschienener Literatur (Green Road) für die Beteiligung von Wissenschaftlern am Kommunikationssystem ihres Fachs hat. Das Untersuchungsdesign kombiniert (a) ein Mapping der Publikationsmedien der Fächer Astronomie und Mathematik mit (b) einer bibliometrischen Analyse der Publikationsaktivitäten einer Zufallsauswahl von Wissenschaftlern aus beiden Fächern und beiden Ländern sowie mit (c) qualitativen Interviews. Der ersten Schritt des Designs dient der Erhebung des Wandlungsprozesses auf sachtechnischer Ebene, der zweite Schritt der Untersuchung von Veränderung der Beteiligungsformen am Kommunikationssystem und der dritte Schritt erfasst neben den Publikations- und Rezeptionshandlungen auch Sinnzuschreibungen, die Wissenschaftler gegenüber diesen Handlungen vornehmen. Im Zuge der Durchführung des Projekts ergaben sich zwei Abweichungen vom Projektantrag. Erstens stellte sich bei der Ziehung der Zufallsauswahl von Wissenschaftlern aus Südafrika heraus, dass die Anzahl der Astronomen und Mathematiker aus diesem Land kleiner ist als bei der Konzeption des Projekts abgeschätzt. Daher werden bei der bibliometrischen Analyse Stichproben (Deutschland) mit Grundgesamtheiten (Südafrika) verglichen. Zweitens war ursprünglich geplant, mit Hilfe der Analyse der Publikationsaktivitäten von Wissenschaftlern die Dynamik des Medienwandels hin zum Open Access-Publizieren abzubilden. Aufgrund des großen Umfangs an retro-digitalisierter Literatur war dies nicht möglich. Daher wurde auf eine zeitverlaufsorientierte Auswertung verzichtet und die bibliometrischen Daten wurden stattdessen stärker summarisch auf unterschiedlichen Aggregationsebenen analysiert. Hierzu zählen die Auswertung der Daten auf der Ebene des einzelnen Wissenschaftlers, die u.a. in eine Open Access-Nutzertypologie mündete, sowie die Untersuchung facherspezifischer, herkunftslandbezogener und kohortenabhängiger Unterschiede. Mit der Theoriearbeit wurde die Grundlage geschaffen, um die Wirkung von Zugangsbarrieren auf Publikations- und Rezeptionsroutinen zu konzeptualisieren. Die im Projekt entwickelte Perspektive geht über den Stand der Forschung zu Open Access hinaus, indem der Fokus nicht ausschließlich auf den mit Publikationsmedien verbundenen Zugangsbedingungen liegt. Neben diesen werden die autoren- und rezipientenseitigen Handlungsroutinen in den Blick genommen, die sich im Zusammenhang mit Publikationsmedien entwickeln. Dadurch werden in dreierlei Weise Beiträge zum Verständnis des Gegenstands geleistet: Im Bereich von Green Road Open Access zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Mathematik und Astronomie in Bezug auf den Umfang an selbstarchivierten Publikationen. Erklärt wird dies durch unterschiedliche Handlungsroutinen und Sinnzuschreibungen, die sich in beiden Fächern zeigen. Mit Blick auf Publikationsgebühren wird zweitens nachgewiesen, dass diese für einen Teil der Astronomen ausschließende Effekte haben, wenngleich sie nur einen Faktor neben anderen darstellen, der auf die Auswahl eines Publikationsorts Einfluss nimmt. Drittens wird gezeigt, dass informelle Routinen der Zugangsgewährung und informelle Wege der Selbstverbreitung von Publikationen systematische Bestandteile des Kommunikationssystems darstellen. Dadurch entsteht - zumindest in einem gewissen Rahmen - Elastizität und die Bibliothekskrise schlägt nicht unmittelbar in eine Informationsversorgungskrise der Wissenschaft um.

 
 

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