Randomized-Response-Modelle zur experientellen Bestimmung der Prävalenz sozial unerwünschter Verhaltensweisen und Meinungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Randomized-Response-Technik stellt durch Zufallsverschlüsselung die Anonymität der Befragten in Umfragen zu sozial unerwünschten, peinlichen oder strafbaren Merkmalen sicher. Sie soll dadurch validere Schätzungen der Prävalenz solcher Merkmale in der Dunkelfeldforschung ermöglichen. Wenn jedoch ein unbekannter Anteil der Befragten den Instruktionen zur Zufallsverschlüsselung nicht folgt, führt die Technik zu einer Unterschätzung der Prävalenz sensibler Merkmale. Im Rahmen des Projekts wurde deshalb ein Modell zur Verweigererdetektion untersucht, das auf einer experimentellen Variation von Zufallswahrscheinlichkeiten beruht. Es ermöglicht, auf Gruppenebene - unter Wahrung der Anonymität jedes Einzelnen - den Anteil der Umfrageteilnehmer zu bestimmen, die den Instruktionen zur Zufallsverschlüsselung folgen. Wenn alle Teilnehmer den Regeln folgen, ist dadurch eine erwartungstreue Schätzung der Prävalenz sensibler Merkmale möglich. Im anderen Fall kann für diese eine obere und eine untere Grenze bestimmt werden. In einer Reihe von Experimenten wurde die Befragungstechnik auf unterschiedliche Kontexte adaptiert und hinsichtlich ihrer Validität überprüft. Zusammenfassend legen die dabei beobachteten Ergebnisse nahe, dass die neue Technik Antwortverzerrungen bei Befragungen wirksam und besser als konkurrierende Methoden zu kontrollieren vermag. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass und wie zufallsverschlüsselte Umfragen im Rahmen eines multinomialen Modellierungsansatzes flexibel an neue Erhebungssituationen angepasst und erfolgreich für die Untersuchung weiterführender, inhaltlicher wie methodischer Fragestellungen genutzt werden können. Basierend auf dem multinomialen Modellansatz wurde dazu ein Programm entwickelt, das eine benutzerfreundliche und effiziente Analyse von Randomized-Response-Modellen ermöglicht. Der experimentellen Umfrageforschung steht damit als Ergebnis der Projektarbeiten ein wirksames, leicht handhabbares und erfolgreich validiertes Instrument zur Modellierung und Kontrolle von Antwortverzerrungen bei Selbstauskünften zur Verfügung. Über das im Projekt untersuchte Befragungsverfahren hat die Wissenschaftssendung "Leonardo" am 27. Mai 2009 im Radioprogramm WDR 5 unter dem Titel "Ungewöhnliche Fragetechnik macht Umfrageergebnisse sicherer" berichtet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2006). Experimental methods of psychological assessment. In: M. Eid & E. Diener (Eds.), Handbook of psychological measurement: A multimethod perspective (pp. 205-221). Washington, DC: American Psychological Association
Erdfelder, E. & Musch, J.
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(2008). Experimentelle Umfrageforschung mit der Randomized- Response-Technik. Dissertation, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Universität Düsseldorf
Ostapzuk, M.
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(2008). Multinomial randomized response models. Dissertation, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Universität Düsseldorf
Moshagen, M.
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(2009). A randomized-response investigation of the education effect in attitudes towards foreigners. European Journal of Social Psychology, 39, 920-931
Ostapczuk, M., Musch, J., & Moshagen, M.
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(2009). Assessing sensitive attributes using the randomized-response-technique: Evidence for the importance of response symmetry. Journal of Educational and Behavioral Statistics, 34, 267-287
Ostapczuk, M., Moshagen, M., Zhao, Z., & Musch, J.
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(2009). Multinomial processing tree models. A review of the literature. Zeitschrift für Psychologie – Journal of Psychology, 217, 108-124
Erdfelder, E., Auer, T.-S., Hilbig, B., Aßfalg, M., Moshagen, M., & Nadarevic, L.
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(2009). Reducing socially desirable responses in epidemiologic surveys: An extension of the randomizedresponse technique. Epidemiology, 21, 379-382
Moshagen, M., Musch, J., Ostapczuk, M., & Zhao, Z.
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(2010). multiTree: A computer program for the analysis of multinomial processing tree models. Behavior Research Methods, 42, 42-54
Moshagen, M.