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Charakterisierung des zoonotischen Potenzials von Rotaviren des Geflügels

Fachliche Zuordnung Tiermedizin
Förderung Förderung von 2009 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 158108948
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Rotaviren zählen zu den wichtigsten Erregern von Magen-Darm-Erkrankungen beim Menschen und bei zahlreichen Tierarten. Wechselseitige Übertragungen zwischen Säugetieren und Menschen wurden häufig beschrieben. Es existieren viele unterschiedliche Rotavirus-Typen, die sich durch Mutationen und den Austausch von Genomsegmenten ständig weiter entwickeln. Auch wenn die seit 2006 eingeführten Impfstoffe gegen humane Rotavirus-Erkrankungen generell gut wirksam sind, könnten wenig verwandte und beim Menschen neu auftretende Rotavirus-Typen die Immunantwort unterwandern. Gerade Rotaviren aus Tieren, die wenig mit denen des Menschen verwandt sind, kommen als Kandidaten für das Auftreten und die Selektion neuer Rotavirus-Typen beim Menschen infrage. Im Gegensatz zu den Rotaviren der Säuger sind die Rotaviren der Vögel bisher nur wenig untersucht worden. Ziel des Projekts war es deshalb, die genetische Vielfalt der Rotaviren vor allem bei Vögeln zu analysieren und deren Potential zur Übertragung auf Säuger zu ermitteln. Außerdem sollte untersucht werden, ob die Rotaviren der Vögel mit denen der Säuger genetisches Material austauschen können, wobei eventuell neuartige Rotavirus-Typen entstehen könnten. Im Ergebnis konnte im Projekt eine breite Vielfalt verschiedener bekannter sowie bisher unbekannter Rotavirus-Arten und –Typen sowohl in Vögeln als auch in Säugetieren identifiziert werden. Die Genome dieser Viren wurden mit neu entwickelten Methoden meistens vollständig sequenziert, wodurch eine genaue Charakterisierung ihrer Eigenschaften und ihrer Verwandtschaft mit bekannten Rotaviren möglich wurde. Gerade für die Rotaviren der Vögel wurde im Projekt gezeigt, dass diese im Wirtschaftsgeflügel weit verbreitet und nur wenig mit denen der Säuger verwandt sind. Insgesamt muss aus den Analysen geschlussfolgert werden, dass mit einem breiten Repertoire divergenter Rotavirus-Stämme im Tierreich gerechnet werden muss, die eventuell direkt auf den Menschen übertragen werden können oder durch den Austausch von Genomsegmenten zur Ausbildung neuer Rotaviren führen könnten. Die Wahrscheinlichkeit des Austauschs von Genomsegmenten zwischen Rotaviren der Vögel und Säuger wurde im Projekt mit verschiedenen, teilweise neu entwickelten Labormethoden untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass Säuger-Rotaviren, bei denen das Genomsegment für das Oberflächenprotein VP4 durch ein solches von Vogel-Rotaviren ausgetauscht worden war, vollständig infektiös und vermehrungsfähig waren. Auch beim Genomsegment für das Protein VP3 war dies möglich, während der Austausch aller anderen Genomteile nicht zu vermehrungsfähigen Viren führte. Die Viren mit ausgetauschtem VP3 oder VP4 zeigten ein langsameres Wachstum als die Ausgangsviren, was auf eine verminderte Überlebensfähigkeit schließen lässt. Im Projekt wurde auch ein natürlich entstandenes aviäres Rotavirus aus einem Fasan isoliert, das ein VP4-Gen aus einem Säuger-Rotavirus enthielt. Insgesamt zeigen die Untersuchungen, dass Rotaviren der Vögel mit denen der Säuger genetisches Material austauschen können, wodurch neuartige Rotavirus-Typen entstehen können. Allerdings erscheint das Risiko der Entstehung niedrig, weil vermehrungsfähige Viren auf den Austausch des VP3- und VP4-Gens beschränkt zu sein scheinen und die entstandenen Viren eine geringe Fitness zeigen. Da beim Austausch des VP4-Gens jedoch auch wichtige immunologisch schützende Determinanten verändert werden, könnte der Eintrag der veränderten Viren vor allem bei einer breiten Impfstoff-Nutzung eine Selektion und Ausbreitung solcher Stämme nach sich ziehen. Die Systeme zur Überwachung der Rotavirus-Diversität in der menschlichen Population sollten deshalb zukünftig auch Testungen auf genetisches Material von weniger verwandten Rotavirus-Stämmen, wie von denen der Vögel, einschließen. Die im Projekt entwickelten Techniken können zukünftig helfen, Rotavirus-Genome besser und umfassender zu charakterisieren und die Auswirkung von Genomveränderungen auf ihr biologisches Verhalten gezielter zu untersuchen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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