Steigerung der Dynamik elektromechanischer Vorschubantriebe durch diskontinuierliche Einleitung einer Reibkraft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Nachdem in der ersten Förderperiode die Machbarkeit der semiaktiven Dämpfung nachgewiesen werden konnte, lag der Fokus in der zweiten Förderperiode auf der Anwendbarkeit der Methode zur Dynamiksteigerung von Vorschubantrieben und deren Einsatz im industriellen Umfeld. Dazu wurden Untersuchungen hinsichtlich des Potenzials und einer geeigneten Parametrierung durchgeführt. Der hierfür zum Einsatz kommende elektromagnetische Dämpfungsaktor weist eine enorme Dynamik bei hinreichend großen Spitzenkräften auf. Mit der damit erzielten Dämpfungssteigerung konnte sowohl ein erheblich besseres Störverhalten als auch eine Steigerung der Lagereglerbandbreite von 43 % bei optimaler Reglereinstellung erzielt werden, welche mit einer wesentlichen Verbesserung des Führungsverhaltens einhergeht. Insofern ließ sich das dynamische Verhalten des Vorschubantriebs durch Anwendung der semiaktiven Dämpfung ganzheitlich verbessern. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Methode eine ähnlich hohe Robustheit gegenüber betriebsbedingten Veränderungen, wie zunehmendem Verschleiß oder variierenden Tischmassen, aufweist wie die klassische Regelkaskade ohne semiaktive Dämpfung. Die energetische Betrachtung der Methode anhand eines repräsentativen Testzyklus ergab eine weitestgehende Unabhängigkeit des zusätzlich erforderlichen Energieeintrags vom Einstellparameter Kd, welcher bei ca. 3,3 % liegt. Dementsprechend liegt kein klassischer Trade-off zwischen Dynamiksteigerung und Energieverbrauch vor, weshalb die Einstellparameter nicht dahingehend optimiert werden mussten. Im Hinblick auf die Anwendung im industriellen Umfeld hat sich der elektromagnetische Aktor für kleine bis mittelgroße Vorschubantriebe als vorteilhaft erwiesen, während für große Tischmassen der elektrohydraulische Aktor das Mittel der Wahl darstellt. Aufgrund der ganzheitlichen Verbesserung des dynamischen Verhaltens ist die Anwendung der semiaktiven Dämpfung unabhängig vom konkreten Anwendungsszenario sinnvoll. In Bezug auf die Maschinenproduktivität ist das Verbesserungspotenzial bei hochdynamischen Anwendungen jedoch besonders hoch. Für die industrielle Einsetzbarkeit der Methode ist es von entscheidender Bedeutung, dass die semiaktive Aktoransteuerung über eine industrielle Steuer- bzw. Regelplattform erfolgt. Daher wurde die Funktionalität auf einer antriebsseitigen SPS implementiert. Zentrale Herausforderungen bzgl. Signalerfassung, -verarbeitung und -ausgabe konnten gelöst werden. Lediglich die hohe Abtastzeit von 1 ms ließ sich nicht überwinden. Allerdings konnte experimentell nachwiesen werden, dass sich dies nur geringfügig auf die Wirksamkeit der semiaktiven Dämpfung auswirkt. Zusammengefasst führt ein Einsatz der semiaktiven Dämpfung zu einer erheblichen Verbesserung des dynamischen Verhaltens von Vorschubantrieben bei geringem Energiebedarf und hoher Robustheit. Das Potenzial und die industrielle Anwendbarkeit der Methode hat auch Unternehmen aus der Werkzeugmaschinenbranche überzeugt, weshalb das zugehörige Patent verkauft werden konnte. Der große Erfolg des Projekts hat das ISW dazu bewogen, die Methode auf rotatorische Antriebssysteme zu übertragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Verbesserung des dynamischen Verhaltens von Vorschubantrieben durch semiaktive Dämpfung, Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (Universität Stuttgart), 2013
Frey, S.
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Dynamiksteigerung von Vorschubantrieben. In: Fortschritte in der Antriebs- und Automatisierungstechnik. Stuttgart: Fraunhofer Verlag, 2016, S. 194-203, ISBN: 978-3-8396-1006-0
Zahn, P.; Neubauer, M.; Lechler, A.
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Schwingungsdämpfung bei Industrierobotern – Ein semiaktiver Ansatz zur Verbesserung der Dynamik. In: atp-edition Bd. 58 (2016), Nr. 10, S. 54-61
Neubauer, M.; Vieler, H.; Lechler, A.; Verl, A.