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Konstituierung transnationaler Händlernetzwerke - Sozioökonomische Organisation afrikanischer Migranten in Guangzhou/China

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2010 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 166044711
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das DFG-Projekt beschäftigte sich mit der Analyse translokaler Händlernetzwerke afrikanischer Migranten, die sich auf unbestimmte Zeit in der südchinesischen Stadt Guangzhou als Zwischenhändler im sino-afrikanischen Handel niedergelassen haben. Das zentrale Forschungsinteresse galt dabei den Organisationsmechanismen und Strukturmomenten, die zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Transformation der Händlernetzwerke beitragen. Die zentrale Fragestellung zielte darauf ab zu verstehen, wie es den Migranten gelingt, den sinoafrikanischen Handel zu organisieren und wie sich innerhalb dieser Organisation eine unternehmerische Handlungsfähigkeit unter sich konstant wandelnden Rahmenbedingungen und über räumliche Distanzen hinweg generiert, aufrechterhält und verändert. Das qualitative Forschungsdesign basierte auf einem Mikro-Makro-Modell, welches die sozioökonomische Einbettung der Migranten in global-lokale Raumbezüge und Strukturmomente analysiert. Dabei wurden sowohl individualistisch-handlungstheoretische als auch kollektivistisch-praktikentheoretische Erklärungsmodelle herangezogen und zu einer aus drei Bausteinen bestehenden relationalen Perspektive auf soziale Organisationsformen und unternehmerisches Handeln verschnitten. Aus einer ressourcenorientierten Perspektive wurde deutlich, dass etablierte soziale Raumbezüge ihre Bedeutung als Sicherheitssystem im Migrationsprozess weiterhin besitzen. Zugleich zeigte der Blick auf den Nutzen inhärenter sozialer Beziehungen, dass diese sich für den Aufbau langfristiger Karrieren als Zwischenhändler als Mobilitätsfalle erweisen. In der Folge sind die Migranten gezwungen, sich Kontakten außerhalb geschlossener sozialer Formationen im Sinne einer mixed economy zuzuwenden. Aus einer translokalen Perspektive zeigte sich, dass (trans)lokale Strukturmomente nicht als determinierende strukturelle Zwänge von außen wirken. Vielmehr werden sie durch eine multilokale Einbettung der Migranten in diverse Lokalitäten, Handlungszusammenhänge und Beziehungskonstrukte und die damit verbundene Generierung von Handlungsalternativen in einer grenzüberschreitenden economy of synergy überwunden. Grenzüberschreitende Mobilität ist hierbei bereits sozialkulturelle Alltagspraxis der Migranten. Sino-afrikanischer Handel und eine Migration nach Guangzhou kann somit als Folge bestehender translokaler Verflechtungszusammenhänge gelesen werden, die durch den Einbezug neuer Lokalitäten sozialräumlich erweitert werden. Zudem werden neue Opportunitätsstrukturen generiert, die im Sinne einer Strukturation des Translokalen als Folge translokaler Handlungen verstanden werden können. Die Produktion des Lokalen selbst wird dabei als ein Prozess aktueller Alltagsbeziehungen konzipiert, womit nicht nur ein relationales sondern auch dynamisch-transitorisches Verständnis von (Sozial)Raum ermöglicht wird. Aus einer praktikentheoretischen Perspektive konnte schlieẞlich deutlich gemacht werden, dass es für den ökonomischen Erfolg trotz individueller Ressourcenausstattung und translokaler Organisation des Handels in einer mixed economy und economy of synergy weiterhin face-to-face-Kontakten bedarf. Der Generierung einer kosmopolitischen Fähigkeit der situativen Aushandlung in multikulturellen Handlungszusammenhängen wird hierbei eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Mit dem Verweis auf den situativen, dynamischen Charakter der Aushandlung zeigte sich, dass die Fähigkeit der Aushandlung die Aufrechterhaltung einer unternehmerischen Handlungsfähigkeit zwar ermöglicht, diese jedoch immer wieder neu hergestellt werden muss.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011): New migration processes in contemporary China. The constitution of African trader networks in Guangzhou. In: Geographische Zeitschrift 99 (2/3), S. 104-122
    Müller, A. und R. Wehrhahn
  • (2013): Transnational business networks of African intermediaries in China: Practices of networking and the role of experiential knowledge. In: Die Erde 144 (1), S. 82-97
    Müller, A. und R. Wehrhahn
  • (2014) Multilokale afrikanische Händler und städtischer Wandel in China. In: Geographische Rundschau 66 (4), S. 44-49
    Wehrhahn, R., Müller, A. und Z.-E. Hathat
  • (2015): Sozialkapital, Translokalität und Wissen. Händlernetzwerke zwischen Afrika und China. Erdkundliches Wissen, Bd. 158, Franz Steiner Verlag, Stuttgart
    Gilles, A.
  • (2015): The Social Construction of Guangzhou as a Translocal Trading Place. In: Journal of Current Chinese Affairs, 44 (4) 17–47
    Gilles, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1177%2F186810261504400403)
 
 

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