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Rechtspraxis und Methodik der Nebenklagevertretung im Strafverfahren. Empirische Analysen eines neuartigen Bereichs der rechtsberatenden Praxis.

Fachliche Zuordnung Kriminologie
Förderung Förderung von 2005 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 16769666
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die vorliegende Studie hat die Nebenklagevertretung als einen neuen Bereich der rechtsberatenden Praxis im Strafverfahren untersucht. Dies geschah auf der Grundlage von Aktenanalysen, Interviews mit Nebenklagevertretern sowie einer Gruppendiskussion. Die Studie hat dabei für den Bereich der Verfahren vor den Landgerichten in 1. Instanz die bestehenden Wissenslücken weitgehend schließen können. Die Ausgangsfragen lassen sich wie folgt beantworten: (1) Das Ausmaß förmliche Prozessaktivitäten von Nebenklagevertretern ist niedrig. Wesentliche Aufgaben ergeben sich dagegen bei der psychosozialen Betreuung der Mandanten. (2) Hinsichtlich der Nebenklage zeigen sich statistisch messbare Zusammenhänge. So hat sich herausgestellt, dass Nebenklageverfahren deutlich länger sind als solche ohne Nebenkläger. In Nebenklageverfahren fallen die Urteile auch härter aus – allerdings können die Aktivitäten der Nebenklagevertreter die längere Dauer nur unzureichend erklären. (3) Konflikte zwischen der Nebenklagevertretung und anderen Prozessbeteiligten treten in der Praxis seltener auf, als dies die Medienberichterstattung vermuten lässt. Zu Beginn eines Mandats sind die Straferwartungen der eigenen Mandanten oftmals unrealistisch hoch; was der Korrektur durch den Nebenklagevertreter bedarf. (4) Es gibt kein einheitliches Selbstverständnis von Nebenklagevertretern. Man kann allerdings – auf der Basis eines in dieser Studie entwickelten Typenmodells – vier verschiedene Typen von Nebenklagevertretern mit divergierenden Selbstbildern unterscheiden. (5) Es gibt keine einheitliche Methodik der Nebenklagevertretung. Es lassen sich vielmehr ganz erhebliche Unterschiede in der Vorgehensweise feststellen (auch hier gilt das Typenmodell). Die gestellten Zusatzfragen lassen sich – wiederum für den Bereich der Verfahren vor den Landgerichten 1. Instanz – wie folgt beantworten: (6) Die Nebenklagevertretung spielt bei Sexualdelikten eine besondere Rolle; das gilt auch für den Bereich der Kapitaldelikte gegen Frauen und Kinder im sozialen Nahbereich – nicht jedoch für Körperverletzungsdelikte. (7) Der Nebenklagevertreter kann in der Praxis das Aushandeln von Strafurteilen zum Nachteil des Verletzten wirksam verhindern. Er kann darüber hinaus – im Interesse des Verletzten – selbst an Urteilsabsprachen mitwirken, was allerdings nicht für alle Nebenklagevertreter in Betracht kommt. (8) Es gibt in der Anwaltschaft spezialisierte Opferanwälte. Es gibt aber auch nicht wenige Nebenklagevertreter, die nicht dem Typus des spezialisierten Opferanwalts entsprechen (vgl. das Typenmodell). Das Selbstbild des spezialisierten Opferanwaltes geht dahin, sich als eigenständigen, auch von Gericht und Staatsanwaltschaft unabhängigen Verfahrensbeteiligten zu sehen (Parteiinteressenvertreter, der ein eigenes Konzept der Nebenklagevertretung verfolgt und dabei den Mandanten führt).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Barton, Nebenklagevertretung im Strafverfahren. Ein neuartiger, aber kriminologisch vergessener Bereich der rechtsberatenden Praxis; in: Festschrift für Schwind, 2006, S. 211- 224

 
 

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