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Extra muros. Die Stadt und ihr Ausgreifen auf den Nahbereich im späten Mittelalter: Das Beispiel Lüneburg.

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2010 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 169515695
 
Im Zentrum des Projekts steht die Frage, wie die spätmittelalterliche Großstadt den an die Mauer angrenzenden Raum erschloss und welche herrschaftliche, wirtschaftliche, soziale und symbolische Bedeutung die der Stadt zuzurechnenden Bauten in der „Stadtgemarkung“ besaßen. Erstmals wird damit der unmittelbare Übergangsbereich zwischen dem dichtbebauten urbanen Raum und der agarischen Landschaft in den Fokus der Forschung gerückt. Auf der methodischen Grundlage neuerer raumsoziologischer und umwelthistorischer Ansätze werden die städtische Raumwirkung und die von der Stadt ausgehende extramurale Bautätigkeit untersucht. Ermöglicht wird damit die Diskussion über die Grenze der Stadt, um somit das Umland der Stadt präziser als bislang zu definieren.Basis des Vorhabens ist eine in dieser Form einzigartige Quelle: das sog. Lüneburger Baubuch, das auf über 500 Folioseiten die Analyse sämtlicher Neubau- und Bauunterhaltungsausgaben für das Umland der Stadt für den Zeitraum von 1409 bis 1499 nahezu vollständig erlaubt. Der Antragsteller selbst hat im Rahmen seiner Habilitationsschrift vergleichbare Quellen ausgewertet und dehnt mit diesem Vorhaben seinen Forschungsschwerpunkt über die Kirchen und ihre Bauten auf das städtische Umland, seine Verwaltung und Wahrnehmung aus. Das Baubuch wird durch die vielseitige und vollständige Rechnungsüberlieferung der Stadt Lüneburg und ihrer Einrichtungen, durch die relevanten Akten, Statuten und Urkunden städtischer Provenienz ebenso wie durch die Gegenüberlieferung insb. der fürstlichen Kanzlei ergänzt.Der Einbezug gerade der Quellen der diversen politischen und ökonomischen Akteure ermöglicht also einen völlig neuen Blick auf die Konflikte zwischen Stadt, Landesherr und lokalem Adel: Als zentraler Salzexporteur der Hanse im 15. Jahrhundert war Lüneburg eine ökonomisch bedeutende Großstadt mit hohem Rohstoffbedarf, die in außerordentlichem Maß auf ein erschlossenes und sicheres Umland angewiesen war. Der Raum außerhalb der Mauern und damit zugleich seine Infrastruktur wie seine Bauten müssen damit sowohl kulturtopographisch untersucht als auch nachfolgend als Ausdruck städtischer Raumwahrnehmung gedeutet und auf ihre symbolische Aussagekraft hin analysiert werden. Das Vorhaben trägt damit zum Diskurs über die Grenzen der Stadt bei, der bislang hauptsächlich um die Stadt per se geführt worden ist. Indem also die Lüneburger Stadtgemarkung multidimensional und unter Einbezug neuerer geographisch-kartographischer Ansätze untersucht wird, kann die von Kießling angesprochene Erkenntnislücke zum unmittelbar an die Stadtbefestigung grenzenden und in enger Interaktion mit der Stadt stehenden, jedoch von rechtlicher Unsicherheit und unklaren Besitzverhältnissen geprägten Gebiet gefüllt werden. Die am Fallbeispiel gewonnenen Ergebnisse werden schließlich in den Kontext der bisherigen Forschung eingefügt mit dem Ziel, der Frage nach der Wechselbeziehung zwischen Stadt und Umland im hohen und späten Mittelalter eine neue Perspektive zu verleihen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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