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Extra muros. Die Stadt und ihr Ausgreifen auf den Nahbereich im späten Mittelalter: Das Beispiel Lüneburg.

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2010 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 169515695
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wie war das Stadtumland im 15. und 16. Jahrhundert strukturiert und welche Faktoren formten ihn? Im Zentrum der Untersuchung steht die Wahrnehmung dieses Gebiets vor den Toren der Stadt durch die Städter selbst. Ein Hinweis auf die Durchdringung des Umlands sind die extramuralen städtischen Bauten, sie werden auf ihre Art und Lage, Bau und Bauherrn sowie ihre Unterhaltung untersucht, denn sie bilden soetwas wie die erfahrbare Ausprägung einer städtischen Raumwahrnehmung. An Bauten finden sich Wehranlagen, agrarische Bauten, sakrale Anlagen und Gewerbebetriebe. Im 16. Jahrhundert kamen bürgerliche Landsitze hinzu. Am Beispiel der wohlhabenden Salz- und Hansestadt Lüneburg zeigt sich, dass im Fernbereich die wirtschaftliche Ausrichtung der städtischen Oberschicht, welche den Rat und die anderen hohen Ämter innerhalb der Stadt besetzte, einen prägenden Faktor darstellte. Der Salzabsatz und die Gewährleistung des Betriebs der Saline (Brennholz) führten zu einer auf die Sicherung der Handelswege fixierten Politik, zu der die Anpfändung von landesherrlichen Burgen und Vogteien gehörte. Im Nahbereich sind es die Voraussetzungen der städtischen Daseinsvorsorge, die alltägliche Nutzung durch die Einwohner der Stadt auf Äckern, Gärten, Gewerbebetrieben und Hafenanlagen, die den Raum entscheidend prägten. Der Raum wurde konstituiert durch die Nutzung (Weide, Prozessionen, Landwirtschaft, Gewerbe) und regelmäßig bestätigt durch ritualisierte Handlungen (Umgänge) und Bauten (Landwehr, Warten, aber auch Deiche, Wege und Furten). Eine besondere Bedeutung kam der Landwehr zu, einem Wall-Graben-System, das sich in einer Entfernung von 3 bis 7 km um die Stadt legte. Profan diente sie der Verkehrskontrolle (Stapelzwang!) und der Sicherung des städtischen Vorfelds mit seinen wichtigen Wirtschaftsanlagen. Den Landwehrdurchlässen kam jedoch zugleich die Bedeutung vorgelagerte Stadttore zu, die repräsentativ gestaltet wurden und deren Nutzung analog zu den Mauertoren geregelt war. Im 16. Jahrhundert nutzte die Landesherrschaft ihre neuen finanziellen und administrativen Möglichkeiten zur Reduktion städtischer Gerechtsame außerhalb der Mauern. Allein die Landwehr in ihren weiterhin unterhaltenen Teilen gewann als Grenzlinie zwischen den Herrschaftsbezirken Bedeutung, weil sie ein derart prominenter baulicher Marker in der Landschaft darstellte, der einen städtischen Raum schließlich dauerhaft erhalten konnte. Die Bedeutung der Wahrnehmungskategorie zur Erklärung des Wandels in der Raumkonstitution gewann im Verlauf der Untersuchung besonders stark an Bedeutung, was im Antrag so noch nicht vorhergesehen wurde. Sie liefert zentrale Erklärungsansätze für zahlreiche der Fragestellungen. Das Manuskript der Dissertation von Niels Petersen wurde vom Museumsverein für das Fürstentum Lüneburg e.V. im November 2013 mit dem erstmals vergebenen und mit 5000 € dotierten Forschungspreis Lüneburger Geschichte ausgezeichnet. Aus diesem Anlass fand eine breite Presseberichterstattung in der Lüneburger Landeszeitung, sowie in Hamburger, Göttinger und nordhessisch/südniedersächsischen Tageszeitungen statt. Am Tag der Preisverleihung sendete der NDR-Hörfunk ein Interview mit Niels Petersen. Aufgrund der Berichterstattung wurden andere Forschungsvorhaben in der Region auf das Manuskript aufmerksam und konnten durch den Austausch eigene Fragen bereits klären. In einem Fall wurde hierüber ebenfalls vor Ort in der Tagespresse berichtet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Bürger und Bauer . . . trennt nichts als die Mauer? Die spätmittelalterliche Stadt und ihr Umland am Beispiel Lüneburgs, in: Ländlicher Raum, 65. Jg., 1/2014, S. 43-45
    Niels Petersen
  • Die Stadt vor den Toren. Lüneburg und sein Umland im Spätmittelalter (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 280), Göttingen: Wallstein, 2015. 9783835315860. 550 S.
    Niels Petersen
  • Die Konstituierung des extramuralen Raums. Lüneburg im 15. und 16. Jahrhundert, in: Extra muros – Vorstädtische Räume in Spätmittelalter und früher Neuzeit / Espaces suburbains au bas Moyen Âge et à l'époque moderne, hg. v. Guy Thewes, Martin Uhrmacher (Städteforschung A 91), Köln - Weimar - Wien: Böhlau, 2017. - 978-3-412-22273-4
    Niels Petersen
 
 

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