Öffentliches-Gut-Experimente mit großen Gruppen in einem virtuellen Großlabor
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Experimente dienten dazu, zu untersuchen, wie sich große Gruppen unter Laborbedingungen bei der privaten Bereitstellung von öffentlichen Gütern verhalten. Laborversuche zu öffentlichen Gütern werden normalerweise nur in sehr kleinen Gruppen durchgeführt. Seit 50 Jahren wird in den Sozialwissenschaften fast durchgängig unterstellt, dass die Logik kollektiven Handelns davon bestimmt ist, dass die Organisation kollektiver Interessen umso schwieriger ist, je größer die Gruppe ist, die ein gemeinsames Interesse vertreten will. Diese These kann allein mit Kleingruppenexperimenten aber nicht überprüft werden. Dazu kommt, dass für die Situation einer Gruppe nicht allein ihre Größe ausschlaggebend ist, sondern auch der relative Einfluss, den ein einzelnes Gruppenmitglied ausüben kann. Gemessen werden kann dieser Einfluss durch den sogenannten MPCR. Wir konnten zeigen, dass die Verbindung von vier Laboren zu einem virtuellen Großlabor keinen Einfluss auf das Verhalten der Versuchsteilnehmer hat. Lokale Gruppen zu 8 Personen verhielten sich identisch zu einer auf die Labore verteilten 8er Gruppe. Das ist nicht nur unter methodischen Gesichtspunkten eine wichtige Erkenntnis, sondern macht auch klar, dass die Ergebnisse von Kleingruppenexperimenten nicht schon deswegen ungeeignet sind, kollektives Handeln in großen Gruppen abzubilden, weil sich die Versuchspersonen im Experiment in einem Raum befinden, also in einem räumlichen Sinne eine enge Gruppe bilden. Das wichtigste Ergebnis des ersten Teils des Projekts war die Beobachtung, dass bei einem hinreichend großen MPCR von 0,04 Gruppen mit 100 Versuchsteilnehmern nahezu identische Verhalten zeigten, wie Gruppen mit 8 Versuchspersonen. Damit konnte gezeigt werden, dass sich die Beobachtungen, die in Kleingruppenexperimenten gemacht worden sind, prinzipiell auf große Gruppen übertragen lassen. Wir konnten weiterhin zeigen, dass die Sichtbarkeit der Vorteile, die sich aus wechselseitiger Kooperation ergeben eine wichtige Rolle für die anfängliche Kooperationsbereitschaft spielt und damit zugleich das Niveau bestimmt, auf dem sich das typische Kooperationsmuster abspielt. Die von uns entwickelte Salienz-Theorie zeigt, dass kein einfacher Zusammenhang zwischen Gruppengröße und Kooperationsmöglichkeiten einer Gruppe besteht. Vielmehr kommt es auch die Interaktion zwischen Gruppengröße und MPCR an. Für die Bereitstellung realer öffentlicher Güter bedeutet das, dass das „richtige“ oder „angemessene“ Kooperationsverhalten nicht im Experiment gelernt werden muss, sondern das Wissen darüber bereits mit ins Labor gebracht wird. Deshalb sollte es bei der Bereitstellung eines realen öffentlichen Gutes nicht zu dem charakteristischen Rückgang der Beiträge kommen, der sonst regelmäßig beobachtet wird. Wir haben diese Hypothese in einer ergänzenden Experimentreihe überprüft und das entsprechende Experiment bestätigt diese Hypothese.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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An Explanation of (First Round) Contributions in Public-Good Experiments. CESifo Working Paper Series No. 5039, 34 P., 2014
Joachim Weimann, Jeannette Brosig-Koch, Heike Henning-Schmidt, Timo Heinrich, Claudia Keser, Christian Stahr
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The Logic of collective action revisited, Working paper, CESifo Working Paper 6962, enter for Economic Studies and Ifo Institute (CESifo), Munich, 2018. 61 S.
Joachim Weimann, Jeannette Brosig-Koch, Heike Henning-Schmidt, Timo Heinrich, Claudia Keser