Detailseite
Projekt Druckansicht

Das Gräberfeld S/SA in Aniba: Strukturen und Realitäten der ägyptischen Präsenz in Unternubien vom Mittleren Reich bis in die Dritte Zwischenzeit

Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2010 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 175245856
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt galt der Reanalyse eines ägyptischen Friedhofs im unternubischen Aniba. Der Fundplatz war zwischen 1910 und 1914 von der Eckley B. Coxe Junior Expedition der Universität Philadelphia und der Ernst von Sieglin-Expdition der Universität Leipzig ausgegraben und 1937 unter der Ägide des Leipziger Expeditionsleiters Georg Steindorff publiziert worden. In seiner für damalige Verhältnisse erstklassigen Veröffentlichung hatte Georg Steindorff das archäologische Material des Fundplatzes – heute weitgehend in den Museen in Philadelphia und Leipzig erhalten und Datengrundlage des aktuellen Projekts – vorgelegt und war zu dem Schluss gekommen, dass das Gräberfeld S/SA im späten Mittleren Reich gegründet wurde, der Belegungsschwerpunkt aber klar im Neuen Reich (ca. 1550-1070 v. Chr.) lag. Seither galt der Friedhof unhinterfragt als ein wichtiges Zeugnis für die Funerärkultur der ägyptischen Eroberer Unternubiens in dieser Epoche. Die Neuanalyse des archäologischen Materials im hier vorgelegten Projekt führte zu einer grundsätzlichen Revision dieses chronologischen Ansatzes. Tatsächlich stammen die ältesten Gräber des Friedhofs aus dem späten Mittleren Reich, über 50% der Anlagen wurden aber in der folgenden Zweiten Zwischenzeit (ca. 1790- 1550 v. Chr.), als Ägypten nominell die Oberhoheit über Unternubien verloren hatte, erbaut. Der Friedhof S/SA belegt also primär die fortwährende Anwesenheit einer ägyptischen Bevölkerung in Unternubien in dieser Periode. Die Nutzung des Friedhofs im frühen Neuen Reich ist vor allem durch die Weiterbelegung bereits vorhandener Grabanlagen gekennzeichnet – eine Beobachtung, die die sozio-kulturelle Kontinuität zwischen diesen beiden Nutzungsepochen belegt. Die folgende Ramessidenzeit sah einen erneuten Schub in der Neuanlage von Gräbern. Die verstärkt mit Inschriften versehenen Ausstattungsobjekte dieser Epoche liefern wichtige prosopographische Informationen, die eine partielle Rekonstruktion der Bestattungsgemeinschaft in dieser Zeit erlauben: es handelt sich vor allem um die mittlere Ebene der Provinzverwaltung. Eine weitere 'Überraschung' im Projektverlauf war, dass sich sehr klar eine folgende Nutzungskomponente aus der Zeit nach dem Neuen Reich, bis in die napatanische Epoche feststellen ließ. Dieser Befund erweitert die in der Region bisher nur spärlich identifizierten Fundplätze dieser Periode. Insgesamt liefert die neue chronologische Einordnung des Gräberfelds S/SA zahlreiche Impulse für die Evaluierung bisheriger Vorstellungen zur ägyptischen Präsenz in Nubien vor allem in den 'Zwischenzeiten' vor und nach dem Neuen Reich. Neben dieser Perspektive, die erstmals funeräre Befunde dieser Region für die Analyse politisch-ereignisgeschichtlicher Zusammenhänge erschließt, hat das Vorhaben ebenso zum detaillierteren Verständnis der 'Realitäten' dieser ägyptischen Präsenz beigetragen, indem es dezidiert die Funerärpraktiken der auf dem Friedhof S/SA belegten Bestattungsgemeinschaft in ihren überregionalen Orientierungen und ihren lokalen Eigenheiten umreisst. Damit leistet es einen inhaltlichen wie methodischen Beitrag zur Analyse funerärer Befunde und ihrer weiteren kulturhistorischen Implikationen in Ägypten und Nubien.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Kerma-ware vessels found in an intact burial chamber at Aniba. In: Forstner-Müller, Irene und Pamela Rose (Hrsg.), Nubian Pottery from Egyptian Cultural Contexts of the Middle Kingdom and Early New Kingdom. Proceedings of a Workshop held at the Austrian Archaeological Institute at Cairo, 1–2 December 2010. Ergänzungsheft zu den Jahresheften des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien 13. Wien, 2012: 31-48
    Helmbold-Doyé, Jana und Anne Seiler
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung