Einfluss der Tiefen Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus auf die Verarbeitung von Belohnungsreizen bei Patienten mit idiopathischen Parkinsonsyndrom
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) des Nucleus subthalamicus (STN) ist eine etablierte Methode zur Behandlung motorischer Kardinalsymptome bei fortgeschrittener Parkinsonerkrankung. Bislang wurde in der Literatur dem STN überwiegend eine motorische Funktion innerhalb der basalganglionären Regelkreise zugesprochen. Neuere Befunde zeigen aber, dass diese Sichtweise als reine Relaisstation unzureichend ist. So wurde gezeigt, dass diese Hirnstruktur nicht nur für die Modulation motorischer Funktionen, sondern darüber hinaus für kognitiv-affektive Funktionen relevant ist. Dies korrespondiert mit der Beobachtung von Impulskontrollstörungen wie z.B. Hypersexualität oder pathologisches Glückspiel, die in Folge der THS auftreten können; der spezifische Einfluss auf die Verarbeitung von Belohnungsreizen ist hingegen experimentell bislang nur unzureichend geprüft worden. Gegenstand des Forschungsprojekts war die Untersuchung des Einflusses der THS des STN auf das Belohnungssystem bei Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom (IPS) und der THS des Nucleus Accumbens (NAc) bei Patienten mit einer Major Depression (MDD). Wir untersuchten den Einfluss der Stimulation am STN vs. NAc auf unterschiedliche Funktionen des Belohnungssystems wie die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub (Delay Discounting), das Erlernen von adaptiven Spielstrategien in Reaktion auf Belohungen und Bestrafungen (Iowa Gambling Task), die kognitive Distraktibilität (Task Switching) und die Evaluation des hedonischen Werts einer Belohnung. Als Vergleichsgruppen wurden zwei klinische Kontrollgruppen (IPS- und MDD-Patienten ohne Stimulation) sowie ein gesunde Kontrollgruppe (Gewinnung von altersbezogenen Referenzwerten) rekrutiert. Zu Projektabschluss lagen gültige Datensätze von = 33 IPS-THS Patienten, n = 33 Patienten der klinischen Kontrollgruppe sowie n = 34 gesunde Kontrollprobanden vor (die Untersuchung der MDD-Patienten dauert noch an). Die Paradigmen zur Belohnungsverarbeitung erwiesen sich als hinreichend sensitiv, um einen Erkrankungseffekt nachzuweisen (höhere Impulsivität und Belohnungssensitivität bei IPS-Patienten). Ein Stimulationseffekt zeigte sich jedoch selektiv beim Lernen von Belohnung und Bestrafung: IPS-THS Patienten entwickelten unter akuter Stimulation eine ungünstigere Spielstrategie im Vergleich zur Bedingung ohne Stimulation. Dieser Effekt konnte bei anderen Aspekten der Belohnungsverarbeitung wie der monetären Diskontierung von Belohnungen und der Evaluation des hedonischen Werts einer Belohnung nicht nachgewiesen werden. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die THS-STN vermutlich nicht die Belohnungsverarbeitung allgemein beeinflusst, sondern spezifische Aspekte der Verarbeitung von Belohnung und Bestrafung verändert und damit den Erwerb einer adaptiven Spielstrategie beeinträchtigt. Die akute THS-STN könnte die Sensitivität gegenüber Bestrafung reduzieren, so dass die Höhe der Bestrafung zu wenig gewichtet wird, was zu ungünstigeren Wahlentscheidungen führen kann. Die Ergebnisse könnten damit einen Beitrag zur Abschätzung des Nebenwirkungsprofils der THS sowie zum Verständnis wiederholt beschriebener psychopathologischer Verhaltensauffälligkeiten leisten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2012). Immediate effects of deep brain stimulation of the subthalamic nucleus on nonmotor symptoms in Parkinson’s disease. Parkinsonism Relat Disord, 18, 994-997
Wolz, M., Hauschild, J., Fauser, M., Klingelhöfer, L., Reichmann, H., Storch, A.
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(2012). Subthalamic deep brain stimulation alters cognitive flexibility and reward-based learning in Parkinson's disease: preliminary results. Mov Disord, 27, (S1), S24
Lueken, U., Rietzel, S., Wolz, M., Storch, A., & Goschke, T.