VITA - Verhaltensbasierte Inter-individuelle Unterschiede Taxonomiert aus Artvergleichender Perspektive
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Persönlichkeitsunterschiede spielen eine zentrale Rolle im Alltag und in der Forschung. Bisherige Untersuchungen basieren v.a. auf Persönlichkeitsfragebögen. Diese werden zunehmend auch für nichtmenschliche Arten, wie Affen und Haustiere eingesetzt. Doch wie genau bilden Fragebogendaten das tatsächliche Verhalten von Individuen eigentlich ab? In diesem Projekt wurde ein neues Forschungsparadigma entwickelt, das zentrale Forschungsphänomene wie Persönlichkeit und Verhalten genau definiert, differenziert und daraus konkrete Methoden ableitet. Zentral ist die Unterscheidung zwischen dem Verhalten eines Individuums und dem, was Menschen über das Verhalten von Individuen denken und wie sie es bewerten. Dazu wurden umfangreiche verhaltensbasierte Konzepte, Ansätze und Methoden entwickelt. Persönlichkeitsunterschiede und soziale Beziehungen können nun unabhängig von den weitverbreiteten Fragebogenmethoden im Verhalten der Individuen untersucht und systematisch mit Fragebogenurteilen verglichen werden. Mit dem neuen Paradigma wurde in verschiedenen Studien gezeigt, dass auch Menschenaffen und Affen in ihrem Verhalten ausgeprägt individual-spezifisches und dyaden-spezifisches Verhalten zeigen—also Persönlichkeitsunterschiede und soziale Beziehungen. Menschliche Beobachter erkennen individuelle Verhaltensunterschiede zum Teil auch sehr genau, auch bei anderen Arten. Doch darüber hinaus schreiben sie Individuen auch viele Eigenschaften zu, die gängigen Stereotypen etwa über Geschlechts- und Altersunterschiede entsprechen. In mehreren Studien wurde erstmals gezeigt, dass diese Verzerrungen teils erheblich und sehr komplex sind. Da in anderen Spezies, wie in den Studien gezeigt, Geschlechts-, Alters- und Statusunterschiede anders oder gar nicht zutage treten, werden die Einflüsse sozial geteilter stereotyper Vorstellungen auf Fragebogenurteile in derartigen Studien besonders deutlich. Diese neuen Erkenntnisse bilden eine zentrale Grundlage zur Erforschung stereotyper Einflüsse in wissenschaftlichen Untersuchungen menschlicher Persönlichkeitsunterschiede, die in der psychologischen Forschung fast ausschließlich auf Fragebögen basieren. Die bisher vorliegenden Ergebnisse dieses Projekts haben eine breite Öffentlichkeitswirkung entfaltet (siehe http://primate-personality.net/de/media_de.htm). Berichte erschienen in 3 TV Wissenschaftsdokumentationen (MDR, ARTE); 2 Radio- und Onlineinterviews; 28 Artikeln in den lokalen und nationalen Print- und Onlinemedien in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2011). Individual behavioral phenotypes: An integrative meta-theoretical framework. Why 'behavioral syndromes' are not analogues of 'personality'. Developmental Psychobiology, 53, 521–548
Uher, J.
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(2013). Contextualised behavioural measurements of personality differences obtained in behavioural tests and social observations in adult capuchin monkeys (Cebus apella). Journal of Research in Personality, 47, 427-444
Uher, J., Addessi, E., & Visalberghi, E.
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(2013). From observations of individual behaviour to social representations of personality: Developmental pathways, attribution biases and limita- tions of questionnaire methods. Journal of Research in Personality, 47, 647-667
Uher, J., Werner, C. S., & Gosselt, K.
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(2013). Personality psychology: Lexical approaches, assessment methods, and trait concepts reveal only half of the story. Why it is time for a paradigm shift. Integrative Psychological and Behavioral Science, 47, 1-55
Uher, J.
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(2015). Comparing individuals within and across situations, groups and species: Metatheoretical and methodological foundations demonstrated in primate behaviour. In U. Halsband, A. Laihinen & D. Emmans (Eds.). Comparative Neuropsychology and Brain Imaging (Vol. 2), Series Neuropsychology: An Interdisciplinary Approach (pp. 223-284). Berlin: Lit Verlag
Uher, J.
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(2016). Observations versus assessments of personality: A five-method multi-species study reveals numerous biases in ratings and methodological limitations of standardised assessments. Journal of Research in Personality, 61, 61-79
Uher, J., & Visalberghi, E.