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Speech-structures and forms of knowledge in Plutarch

Subject Area Greek and Latin Philology
Term from 2010 to 2016
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 175717727
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Die Hauptfrage der Untersuchung war, zu welchen Zwecken Plutarch dialogische Strukturen in vielen seiner naturwissenschaftlichen und theologischen Schriften verwendet. Daß die Antworten auf diese Frage nicht nur für Plutarch, sondern auch für die entsprechenden Wissenschaften allgemein relevant sein würden, folgte aus der Tatsache, daß Plutarch für die beiden untersuchten Bereiche als Fachexperte gelten kann. Um eine mögliche Relevanz der sprachlichen Strukturen für das in den Schriften behandelte fachliche Wissen untersuchen zu können, waren zunächst allgemeine Überlegungen zu zwei Großbereichen anzustellen, den Wissensformen und den Sprachstrukturen. Diese wurden allein schon aufgrund der Breite der Forschungsdiskussion soweit möglich knapp gehalten und hatten stets auch den späteren Untersuchungsgegenstand im Blick, doch führten sie gleichwohl zu Ergebnissen von breiterer Verwendbarkeit. Es hat sich in den Einzelanalysen gezeigt, wie nötig Systematisierungen der Aspekte von Wissen wie auch der Sprachstrukturen sind, auch wenn im Rahmen dieser Arbeit angesichts des Umfangs beider Bereiche hier keineswegs Umfassendes geleistet werden konnte. Gleichwohl konnten einige nützliche Aspekte und Beziehungen innerhalb der beiden Bereiche aufgezeigt werden. Vor allem jedoch konnten in der Untersuchung der plutarchischen Texte Beziehungen zwischen Wissensformen und Sprachstrukturen herausgearbeitet werden, auch wenn sich durch die hohe Komplexität der für Einzelphänomene relevanten Textstellen eine rein systematische Anlage der Analyse entgegen ersten Annahmen letztlich doch nicht anbot. Bei der Analyse hat sich aber zum einen, wie erwartet, gezeigt, daß Plutarch für die Darstellung nicht-propositionalen Wissens die Möglichkeiten mimetischer Mündlichkeit benötigt. So erklärt sich die inhaltlich notwendige Verwendung von Dialogizität in den naturwissenschaftlichen Schriften durch den Zweck, dem Leser methodisches Wissen über den Umgang mit Gesprächspartnern und Gesprächsgegenstand in einem wissenschaftlichen Gespräch zu vermitteln. Unerwartet hingegen war die Feststellung, daß sich auch in den theologischen Schriften der Einsatz von Dialogizität auf methodisches Wissen beschränkte und nicht auf das ebenfalls nicht-propositionale theologische Wissen angewendet wurde. Hierdurch wurde deutlich, wie ähnlich Plutarch Naturwissenschaft und Theologie behandelt, was sich dadurch erklären läßt, daß seine Behandlung beider Bereiche in großer Nähe zur Philosophie erfolgt. Dies führt zu einer Ähnlichkeit der methodischen Herangehensweise an die Erkenntnisgegenstände in den naturwissenschaftlichen und theologischen Schriften ebenso wie zu einer Ähnlichkeit der Erkenntnisinteressen, die oftmals aitiologischer Art sind. Die Wahrheit theologischen Wissens ist für Plutarch im an sich monologischen Mythos sichtbar, da dieser die äußere Grundlage für die innere religiöse Überzeugung desjenigen bildet, der ihn glaubt. Je näher jedoch der Mythos an den Kern theologischen Wissens stößt, um so weniger kann er philosophisch expliziert werden, und um so weniger ist eine Diskussion über den Mythos zur Klärung dessen sachlichen Gehaltes noch sinnvoll. Die Diskussion ritueller und kultischer Praktiken und Phänomene, die gerade in den delphischen Dialogen erfolgt, dreht sich primär um philosophischmethodisches Wissen, das seine theologische Relevanz dadurch erhält, daß Apoll für Plutarch ein philosophischer Gott ist. So hat die Untersuchung gezeigt, wie eng Philosophie, Naturwissenschaft und Religion bei Plutarch vor allem in methodischer Hinsicht verbunden sind, und wie vielschichtig und differenziert Plutarch die für das jeweilige Fachgebiet relevanten Wissensformen wahrnimmt und ihnen durch die Verwendung entsprechender sprachlicher Strukturen gerecht wird. Im Hinblick auf den neuzeitlichen Umgang mit den untersuchten Fachgebieten ist dabei vor allem für die Naturwissenschaften bemerkenswert, wie stark der Mensch als Wissensträger aus der Betrachtung im Bemühen um Objektivität ausgeblendet wird und wie viele Aspekte der Wissensgenese, die für den jeweiligen Wissensträger ebenfalls Teil des jeweiligen Wissens sind, dadurch verloren gehen.

 
 

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