Die Rolle von EphrinA5 bei der Ausbildung neokortikaler Schichten während der Embryogenese bei Mäusen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die dramatische Vergrößerung des Neokortex im Verlauf der Evolution bildet die Grundlage der einzigartigen kognitiven Funktionen des menschlichen Gehirnes. Dieser Prozess ist aus heutiger Sicht auf die exponentielle Vermehrung der neuronalen Stammzellen zurückzuführen. Es wurden verschiedenste Faktoren identifiziert, die das präzise Verhältnis von Apoptose, Proliferation und Differenzierung in kortikalen Vorläuferzellen regulieren und somit die finale Zellzahl im Kortex beeinflussen. Die Identifizierung und Aufklärung solcher entwicklungsrelevanter Mechanismen ist allerdings nicht nur aus evolutionsbiologischer Sicht von großer Bedeutung, sondern auch in Bezug auf kortikale Pathologien. Die Gruppe der Eph‐Rezeptortyrosinkinasen und ihre membrangebundenen Ephrin‐Liganden werden lokal und zeitlich distinkt im sich entwickelnden Gehirn exprimiert und steuern eine Vielzahl von Entwicklungsprozessen wie Proliferation, Apoptose, Zellmigration und axonale Wegfindung. Wir haben gezeigt, dass die EphrinA5‐induzierte Aktivierung von membrangebundenen EphA4‐Rezeptoren, welche von kortikalen Vorläuferzellen exprimiert werden, in die Regulation des Teilungspotentials dieser Zellen und damit den schichtenspezifischen, neuronalen Output involviert ist. EphrinA5 knockout Mäuse weisen eine gesteigerte Anzahl apikaler Vorläuferzellen und eine reduzierte Zahl an basalen Vorläuferzellen auf. Apikale Vorläuferzellen bilden Neurone der tiefen kortikalen Schichten sowie basale Vorläuferzellen, aus denen vorwiegend Neurone für die superfiziellen Schichten hervorgehen. Eine EphrinA5‐Defizienz scheint eine verfrühte Differenzierung apikaler Vorläufer in Neurone zu bewirken, wodurch der Pool an basalen Vorläuferzellen reduziert wird. Dies führt zur vermehrten Bildung von Neuronen für die tiefen Schichten. Die geringere Anzahl basaler Vorläufer führt wiederrum zur Reduktion der oberen Schichten. Interessanterweise scheint Membrangebundene Signalmoleküle erfordern den direkten Kontakt zwischen Ligand und Rezeptor. Für andere Vertreter des Eph/EphrinSystems die von kortikalen Vorläufern exprimiert werden, wurde bereits ein parakriner Mechanismus zur Regulation der Proliferation und Differenzierung beschrieben. Unser Daten deuten darauf hin, dass EphrinA5 weder von Vorläuferzellen selbst exprimiert zu werden, noch durch postmitotische Neurone des sich entwickelnden Kortex exprimiert wird. Somit scheinen weder parakrine Regulationsmechanismen der Vorläuferzellen noch ein Feedback Signaling von postmitotischen Neuronen auf kortikale Vorläufer die EphrinA5 induzierten Effekte zu vermitteln. Hingegen wird EphrinA5 von thalamischen Axonen ausgebildet. Dem thalamischen Input wurde bereits eine instruktive, aktivitätsabhängige Rolle bei der Ausbildung kortikaler Karten zugeschrieben. Jedoch stellt die Regulation von kortikalen Vorläuferzellen durch thalamische, membrangebundene Signalmoleküle einen neuartigen Mechanismus dar, was einen „Überraschungsbefund“ im Projektverlauf darstellt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hauptziele dieses Antrages erfüllt worden sind, und dass dieses Projekt einen weiteren wichtigen Beitrag zum Verständnis der kortikalen Entwicklung liefert.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2010) Ephrin‐a5 affects the laminar organisation of the neocortex. Program No. 636. San Diego, CA: Society for Neuroscience, 2010
Gerstmann K, Köbe T, Bolz J and Zimmer G
- (2011) bidirectional ephrinB3/EphA4 signaling mediates the segregation of MGE‐and POA derived interneurons in the deep and superficial migratory stream. J Neurosci 31(50):18364‐80b)
Zimmer G, Rudolph J, Landmann J, Gerstmann K, Steinecke A, Gampe C and Bolz J
- (2011) Ephrin‐A5 affects cortical progenitors in the developing neocortex. Göttingen, Germany: German Neuroscience Society
Gerstmann K, Köbe T, Bolz J and Zimmer G
- (2012) Dissecting the molecular signature of interneuron subtypes at embryonic stages. Program No. 425. New Orleans, LA: Society for Neuroscience, 2012
Pensold D, Haag N, Gerstmann K, Salinas‐Riester G, Pieler T and Zimmer G