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Neue mesopische bildauflösende Lichtmesstechnik mit Auswertungssoftware und Messkamera

Fachliche Zuordnung Messsysteme
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 179345324
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der gesamte Adaptationsbereich des menschlichen Sehsystems besteht aus drei Teilbereichen: Photopie (Tagessehen), Mesopie (Dämmerungssehen) und Skotopie (Nachtsehen). Im mesopischen (Übergangs-) Bereich tragen die Signale aller Fotorezeptoren und deren Kombinationen zu den lichttechnisch relevanten menschlichen Wahrnehmungsmerkmalen, der Helligkeitswahrnehmung, der Sehleistung (Detektion von Objekten an der Kontrastschwelle) sowie dem internen Regelungssignal des Pupillendurchmessers, bei. Dementsprechend ist die experimentelle Erfassung und lichttechnische Modellierung dieser Merkmale in diesem wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Bereich problematisch. Aufgrund der Ergebnisse dieses Projekts können diese Merkmale – im Vergleich zu den Vorarbeiten - lichttechnisch genauer modelliert und aufgrund instrumenteller Messungen in den wichtigsten Anwendungen (wie im nächtlichen Straßenverkehrs) erfolgreich optimiert werden. In diesem Projekt wurden mesopische psychophysische Experimente zu den Merkmalen Detektion, Pupillendurchmesser und Helligkeit durchgeführt, deren Ergebnisse zur Erarbeitung eines mesopischen lichttechnischen Modells im mesopischen Bereich des Sehens führten. Aufgrund der instrumentell gemessenen Eigenschaften des Farbreizes sagt das Modell numerische Korrelate für Helligkeit, Detektionswahrscheinlichkeit und den Pupillendurchmesser voraus. Im Projekt wurden die Testpersonen in Kooperation mit der Universitäts-Augenklinik Tübingen im Vorfeld augenphysiologisch untersucht, danach am Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Darmstadt psychophysisch getestet. Zudem wurde eine gemeinsame Feldstudie zur Messung der mesopischen Geschwindigkeitswahrnehmung durchgeführt. Die grundlegende Rolle des Pupillendurchmessers im mesopischen Bereich wurde als neues Erkenntnis im Laufe des Projektes festgestellt: die visuellen Ganzfeld-Untersuchungen des Projektes zeigten, dass der Pupillendurchmesser nicht nur von der Leuchtdichte sondern stark auch von der Farbart des Reizes abhängt. Im Projekt wurde ein neuer Detektionsmessplatz aufgebaut und ein Datensatz an absoluten spektralen Empfindlichkeiten unter verschiedenen Sehwinkeln zwischen 0° und 20° und auf verschiedenen mesopischen Hintergründen unterschiedlicher Farbart und Leuchtdichte gesammelt. Die Analyse dieses Datensatzes zeigte, dass die mesopische spektrale Detektionsempfindlichkeit von den folgenden Rezeptorsignalen abhängt: Stäbchensignal, Luminanzsignal, S-Zapfensignal und dem chromatischen Kanal L-M. Ein mesopisches lichttechnisches Detektionsmodell wurde erarbeitet. Die verschiedenen Versuchspersonen wiesen - für eine sichere Detektion - unterschiedlich große absolute spektrale Empfindlichkeiten (ASE) auf. Dies bedeutet, dass für die Verkehrssicherheit ein "Worst-Case"-Kriterium des niedrigsten ASE-Wertes benutzt werden soll. Die interpersonelle Variabilität von ASE über die sichtbaren Wellenlängen war ebenfalls signifikant. Zur Bestimmung der mesopischen Helligkeitswahrnehmung wurden zwei Experimente durchgeführt: eine methodische Voruntersuchung und ein Hauptversuch an einem neuen mesopischen Helligkeitsmessplatz. Die Versuchspersonen mussten die mesopische Helligkeitsempfindung eines Testreizes mit der Helligkeitsempfindung eines Referenzreizes visuell abgleichen. In der Voruntersuchung wurde eine Methode erarbeitet, die die sog. Bias-Effekte (z.B. der Testreiz wird deswegen heller bewertet, weil er sich links und nicht rechts befindet) ausschließt und visuell reproduzierbare Abgleiche liefert. Im Hauptversuch wurde mit 2°, 10°, 20°, 30° und 64°-Sehfeldern sowie mit den Referenzleuchtdichten von 0,01; 0,03; 0,1; 0,3; 1; 3 und 10 cd/m2 und einer unbunten Xenonlampen-Referenz gearbeitet. Die spektrale Form der Empfindlichkeitskurven für die mesopische Helligkeit wies Beiträge aller Rezeptortypen (Stäbchen, L-, M-, S-Zapfen und des chromatischen Mechanismus L-M) auf. In einer Reihe von Experimenten wurde der Einfluss von Stäbchen und Zapfen auf Aufgaben des aktiven Sehens untersucht. So wurden an einem ehemaligen Flughafen Fahrexperimente unter verschiedenen Lichtbedingungen durchgeführt. Als Fahrer überschritten Probanden die instruierte Geschwindigkeit um ca. 15 % und als Beifahrer unterschätzten die Probanden die gefahrene Geschwindigkeit um ca. den gleichen Betrag. Erstaunlicherweise waren diese Fehleinschätzungen unter allen Beleuchtungsbedingungen identisch, anders als dies in Laborexperimenten früher der Fall war. In einer anderen Versuchsreihe wurde die visuelle Suche unter skotopischen und photopischen Bedingungen verglichen. Es zeigte sich dabei, dass hier vom visuellen System systematisch Anpassungen durchgeführt werden, um das zentrale visuelle skotopische Skotom auszugleichen. Die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse tragen zur nächtlichen Verkehrssicherheit bei. Die Fahrzeugscheinwerfer, die automatische Fahrerassistenz, die Straßenbeleuchtung sowie die Anordnung und Reflexionseigenschaften der Verkehrszeichen sollten mesopisch optimiert werden, um die Anzahl und den Schweregrad der Unfälle zu verringern. Dies muss allerdings - wegen der im Projekt ermittelten großen interpersonellen Variabilität - mit Hilfe des Modells für eine Worst-Case-Versuchsperson durchgeführt werden. Durch eine energieeffiziente und die mesopische Helligkeitswahrnehmung berücksichtigende Lichtplanung können die nächtlichen Stadtbilder verschönert und gleichzeitig elektrische Energie eingespart werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Detection and Conspicuity of Road Markings – Impact of Spectral Power Distribution, Konferenz Vision 2010, Versailles, France, 6-7. Oktober 2010
    Ch. Schiller, M. Böll, P. Bodrogi, T. Q. Khanh
  • Jüngste Labortestergebnisse der mesopischen Helligkeitswahrnehmung verschiedener Straßenlampenspektren und weißer LEDs, Licht 2010, 18-20. Oktober Wien, 2010
    P. Bodrogi, Ch. Schiller, N. Haferkemper, M. Böll, T. Q. Khanh
  • Mesopic brightness – a display experiment series and comparison with the new CIE-brightness model, 27th Session oft he CIE, South Africa, 10-15 July 2011
    N. Haferkemper, S. Söllner, P. Bodrogi, T. Q. Khanh
  • Mesopische Sehleistung – mesopische Photometrie. Teil III- 1.1.1 in: Handbuch für Beleuchtung (Lange), 51. Ergänzungslieferung. Ecomed Sicherheit, 2011
    Bodrogi, P; Khanh, TQ
  • (2012). Searching in the dark—Saccades during scotopic and photopic visual search. Perception, 41, 221-221
    Paulun, V. C., Schuetz, A. C., & Gegenfurtner, K. R.
  • Measurement of pupil diameter during night driving, Konferenz Vision 2012, Versailles, France, 9-10. Oktober 2012
    D. Polin, N. Haferkemper, T. Q. Khanh
  • (2013). Opposed interaction of rods and long-wavelength-sensitive cones under mesopic lighting conditions. Journal of Vision, 13(9), 1011-1011
    Bayer, F., Weiss, D., & Gegenfurtner, K.
  • Mesopic perceptual aspects of LED Lighting. In: T.Q. Khanh, P. Bodrogi, Q. T. Vinh, H. Winkler (Eds.), LED Lighting: Technology and Perception, Chapter 6, Wiley VCH, 2014
    T. Q. Khanh, P. Bodrogi, S. Brückner, N. Haferkemper, Ch. Schiller
  • (2014) Speed estimation during driving. Perception, 43, 84-84
    Gegenfurtner K.R., Schütz, A.C., Billino, J., Polin, D., Bodrogi, P., Khanh, T.Q.
  • Colour appearance of mesopic related colours at 0.3, 1, 3 and 10 cd/m : visual magnitude estimation and modelling, Proc. CIE 2014 „Lighting Quality and Energy Efficiency”, CIE Publ. x039:2014, 2014
    P. Bodrogi, D. Carella, T. Q. Khanh
  • (2015) Visual search under scotopic lighting conditions. Vision Research, Volume 113, Part B, August 2015, Pages 155-168
    Paulun, V.C., Schütz, A.C., Michel, M.M., Geisler, W.S. & Gegenfurtner, K.R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.visres.2015.05.004)
 
 

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