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Kosakische Gewaltgemeinschaften in der polnisch-litauischen frontier-Zone zwischen 1590 und 1648
Antragsteller
Professor Dr. Hans-Jürgen Bömelburg
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 71062747
Das Arbeitsvorhaben widmet sich frühneuzeitlichen soldatischen Gewaltgemeinschaften in der heutigen West- und Zentralukraine, historisch Territorien Polen- Litauens, zwischen 1590 und 1648. In diesen Territorien, die von den Krimtataren, dem Osmanischen Reich und Moskauer Eingriffen bedroht waren, bestand eine frontier- Stituation und -Gesellschaft, in der infolge der fehlenden administrativen Durchdringung und ständischen Verdichtung Gewaltpraxen große Bedeutung besaßen. Mit der Kolonisation durch den polnischen Adel, der Katholisierung der Eliten und dem Bevölkerungsanstieg wuchs das Konfliktpotential nach 1569 (Eingliederung in die Krone Polen); autochthone Gewaltbünde (Kosaken) entstanden als wechselseitige Schutzbündnisse und Beuteverbände. Der polnische Hof suchte das militärische und demographische Potential der Region durch langfristige Anwerbungen von Söldnerverbänden (Registerkosaken) und kurzfristige Rekrutierungen auszunutzen. Hier entstand der größte frühneuzeitliche Söldnermarkt des östlichen Europa. Nach Abschluss der Kampagnen wurden die Söldner mehrheitlich entlassen, wodurch die Situation vor Ort weiter destabilisiert wurde. Söldner- und Beuteverbände gerieten in Konflikt mit Grundbesitzern und Verwaltungsinstanzen. Dies ist teilweise bereits zeitgenössisch, insbesondere aber rückwirkend als „kosakische Gewalt“ bis hin zu „kosakischen Aufständen“ (1591–93; 1595/96; 1625; 1630, 1637/38) gedeutet worden. Untersucht werden die Praxen von Gewaltandrohung, Gewaltausübung und das Beuteverhalten in diesen Konflikten, wobei die Frage, inwieweit Gewalt und Beute die Gruppen stabilisierten, im Zentrum steht. Das Projekt möchte die Reichweite von Vergesellschaftung durch Gewalt und Beute, die Bedeutung der frontier-Situation und den Einfluss der Söldnermärkte untersuchen und zur Neuverortung eines zentralen Konflikts im frühmodernen Osteuropa beitragen, der bis heute ukrainische, russische und polnische Vergangenheitspolitiken prägt.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 1101:
Gewaltgemeinschaften