Animation als Bewegungs- und Beseelungsbild. Trickfilm als Zauberkunst und Magie. Bildnerische Poesie als Theorie des Zwischenraums...Jetzt: ÜBERTRAGENE KÖRPER. Zur Reise der Bilder in Schattenspiel, Photographie, Animation: bei Hans-Peter Feldmann, W.G. Sebald und William Kentridge
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Leitfrage der vorliegenden Arbeit galt den Erkenntniswegen im Schatten. Während der Erkenntnisweg der Vermessung vor allem der Oberflächen der Dinge bedarf, die sich durch das Gitter projizieren, werden Schatten durch Dinge und Körper erzeugt. Projektionen bringen äußere Bilder hervor, Schatten hingegen aktivieren gespeicherte Bilder, somit auch Erinnerung und Trauer. Indem der Schatten von den Körpern und deren Fragmenten kommt, aber auch den Pol markiert, aus dem das Bildliche aus der Vorstellung wieder heraustritt, konnte seine Betrachtung am Ende auch zur Theorie und Praxis der surrealistischen Montage überleiten, auf die sich die drei Protagonisten meiner Arbeit ausdrücklich berufen. Dazu gehört auch die Verweigerung dieser Kunst, ‚sicheres Wissen’ hervorzubringen. Abgedunkelte, unscharfe, verworfene Szenarien führen, so konnte gezeigt werden, nicht in weltfremde okkulte Situationen. Sie sind Orte der Übertragung, Räume für Erinnerung und Gedächtnis, an denen die Bilder wiedergefunden werden und in ihr Nachleben eintreten, mit allen Aspekten des Todes und der Trauer. Der Betrachter bleibt weder ganz im Dunkeln sitzen, noch werden seine Vorstellungsbilder bis in bunte Oberflächen hinein vollständig wiederbelebt. Er lernt vielmehr, sie in das Offene des bruchstückhaften Angebotes in und zwischen den Schatten einzustellen. Kentridge nennt diesen Vorgang: ‚Meeting the World Halfway’. Die vorliegende Studie schließt ab mit einem Ausblick auf die Visuelle Metapher als Sonderform der surrealistischen Montage, in der Bruchstücke zunächst ‚at random’ miteinander verknüpft werden, ohne auf Bedeutung zuzusteuern. Ihr Glücks- und Sonderfall, den Feldmann, Sebald und Kentridge je anders als Mischung aus Zufall und schicksalhaft vorherbestimmten Verlauf der Bilder beschreiben, ist die Visuelle Metapher. Ein unbestimmter Zwischenraum verbindet und trennt ihre Bildfragmente in einer Figur, in der Sinn und Absurdität sich die Waage halten. Zu den ‚Überraschungen’ im Projektverlauf und bei den Ergebnissen gehörte die mangelnde Quellenlage des Ausschnittes der hier behandelten Bilder im Werk von W.G. Sebald und der Reichtum, der sich in der Interpretation der Bilder aus der Hinzuziehung der Quellen ergab, wo diese möglich war. Hier ist ein Anschlussprojekt geplant, das die gesamte Quellenlage und das Making off der Bilder im Werk von W.G. Sebald erforschen soll, mit dem Ergebnis eines Handbuches sowie einer Ausstellung, in der die Quellenlage und die Struktur der Quervernetzung dieser Bilder interaktiv dargestellt werden soll. Zu den Archiven, die das Quellenmaterial der Bilder enthalten, gehören Sebalds handschriftliche Manuskripte und die Privatbibliothek im DLA Marbach sowie sein Bildnachlass an der University of East Anglia, Norwich, wo er gelehrt hat. Beide Archive sind meinen Forschungen zugänglich, in England ist die aktive Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe ehemals enger KollegInnen von Sebald geplant, die diese Archive verwaltet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2012 „Refuse the Hour. William Kentridge’s Dancing with Dada is an operatic tour de force in which time is undone“. In: Art South Africa, Jan. 2012
Angela Breidbach
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2013 „Bilder haben Masse und Geschwindigkeit. Die dOCUMENTA 13 synchronisierte verschobene Geschichtsbilder“. In: kunsttexte.de, Journal für Kunst- und Bildgeschichte
Angela Breidbach
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Übertragene Körper. Diskurse des Schattens im Werk von Hans-Peter Feldmann, W. G. Sebald und William Kentridge. Fink, 2017. 341 S. -9783770560110
Angela Breidbach