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Langzeit-Effekte einer frühen systemischen Immunaktivierung auf die Funktion des ZNS

Fachliche Zuordnung Molekulare und zelluläre Neurologie und Neuropathologie
Förderung Förderung von 2011 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 190888409
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Typ I Interferone (IFNs) sind wichtige antivirale Zytokine, die auch im zentralen Nervensystem (ZNS) wirken. Sie werden bei viralen Infektionen des ZNS sowie bei der Behandlung mit Hochdosis-IFNs freigesetzt und können zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Denk- und Merkfähigkeitsstörungen, Krankheitsgefühl, Appetit- und Schlaflosigkeit. In der ersten Förderperiode untersuchten wir den Mechanismus, über den Typ I IFNs diese Symptome hervorrufen. Wir konnten zeigen, dass IFNs die Bildung und Freisetzung des Chemokins CXCL10 induzieren. CXCL10 bindet an den Chemokinrezeptor CXCR3, der auf zentralnervösen Neuronen exprimiert wird. Diese Bindung führt zu einer Beeinträchtigung der synaptischen Plastizität, einer essentiellen Funktion für Lernen und Gedächtnis. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Typ I IFNs ursächlich für die beschriebenen affektiven, kognitiven und neurovegetativen Symptome sind. Sie eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Therapien, die diese Symptome bei viralen Infektionen des ZNS oder bei der Behandlung mit Hochdosis-IFNs lindern können. In der zweiten Förderperiode haben wir die bisherige Fragestellung ausgeweitet und untersucht, inwieweit eine virale Infektion direkt nach der Geburt die Vulnerabilität für spätere neuropsychiatrische und kognitive Beeinträchtigungen erhöht. Der akute Krankheitsverlauf nach Virusexposition ist in Mäusen bei beiden Geschlechtern zunächst ähnlich. Jedoch ließen sich nach der frühen Immunstimulation bei männlichen Mäusen im Blut höhere Werte für Typ II IFNs nachweisen als bei weiblichen Mäusen. Sobald die Tiere in die Adoleszenz kamen, zeigten männliche Mäuse nach einer frühen, ausgeheilten Virusinfektion langanhaltende Konzentrationsund Sozialverhaltensstörungen. Weibliche Mäuse hingegen zeigten diese neuropsychologischen Veränderungen nicht. Ebenso zeigten sich auch geschlechtsspezifische Veränderungen auf zellulärer Ebene. So ließen sich bei männlichen Mäusen vermehrt T-Zellen im Hippokampus nachweisen. Mikrogliale Zellen, die auch als Fresszellen bezeichnet werden, bauten im Hippocampus männlicher Mäuse nach früher Immunstimulation verstärkt dendritische Dornfortsätze von Nervenzellen ab. Diese Fortsätze spielen beim Lernen und der Gedächtnisbildung eine wichtige Rolle. Die molekularen Veränderungen und neuropsychologischen Auffälligkeiten ließen sich nicht nur bei einer echten Virusinfektion nachweisen. Auch nach Gabe eines viralen Mimetikums traten die langanhaltenden Kognitions- und Verhaltensstörungen nur bei männlichen Mäusen auf. Die hier gewonnenen Erkenntnisse, dass sich die Antwort des männlichen und weiblichen Immunsystems deutlich unterscheidet, sollte zukünftig auch klinische Bedeutung haben. Das beinhaltet die Behandlung von frühen Infektionen beim Menschen, die besonders bei männlichen Neugeborenen Spätfolgen am ZNS verursachen können, oder das mögliche unterschiedliche Ansprechen von Immuntherapien bei Männern und Frauen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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