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Differentielle Entwicklungspfade von Substanzstörungen vom Jugend- zum Erwachsenenalter: Die Bedeutung von Persönlichkeitsentwicklung, Alkoholwirkungserwartungen und Emotionsregulation

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 192564494
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des zweiten Follow-ups der „Greifswalder Familienstudie“ konnten 85% der Teilnehmer zum dritten Mal ausführlich hinsichtlich ihrer psychischen Gesundheit untersucht werden. Im Fokus stand bei diesem Follow-up die multimethodale Erhebung von Emotionsregulation. Daher wurde neben Fragebogenmaßen ein ökologisch valides telefonbasiertes ecological momentary assessment durchgeführt. Die Rekrutierung und Untersuchung der Teilnehmer erwies sich als deutlich schwieriger als erwartet, da diese mittlerweile über ganz Deutschland und sogar international verstreut leben. Somit verzögerte sich die Datenerhebung und damit auch die Auswertung und Veröffentlichung der Ergebnisse. In ersten Analysen haben wir uns speziell mit der Untersuchung der Persönlichkeitsentwicklung von der Jugend zum jungen Erwachsenenalter und deren Einfluss auf die Psychopathologie befasst. Hier fanden wir bezüglich des Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus zwei Verlaufsgruppen, die mit stark unterschiedlichen Risiken für Psychopathologie (speziell internalisierende Störungen) zu T2 assoziiert waren. Individuen, die bereits in der Adoleszenz hohe Neurotizismuswerte aufwiesen, die über die Zeit einer stärkeren Veränderung unterlagen, hatten im Vergleich zu Personen mit niedrigeren und stabileren Werten ein 12-fach erhöhtes Risiko an einer depressiven oder Angststörung zu erkranken. Auch hinsichtlich des emotionalen Erlebens im Alltag unterschieden sich die beiden Gruppen. Personen mit hohem Neurotizismus zeigten mehr negativen und weniger positiven Affekt. Ein solches Muster konnte bereits in verschiedenen Studien als Risikofaktor für einen erhöhten Alkoholkonsum bestätigt werden. Daher unterstreichen unsere Ergebnisse die Relevanz einer frühzeitigen Identifikation von solchen Hochrisikogruppen um präventiv eine kontinuierliche Persönlichkeitsreifung fördern zu können. Erste Studien zu persönlichkeitsfokussierten Präventionsprogrammen zum Alkoholkonsum bestätigen deren Wirksamkeit. Ein wichtiger vermittelnder Faktor zwischen Persönlichkeit und Alkoholkonsum ist gemäß dem Acquired Preparedness Modell die Alkoholwirkungserwartung. Daher untersuchten wir analog zu den Veränderungsprozessen in der Persönlichkeit altersbezogene Entwicklungsverläufe hinsichtlich Alkoholgebrauch und Alkoholwirkungserwartung. Während sich in der Adoleszenz jenseits der positiven Alkoholwirkungserwartungen (PAE) keine relevanten Assoziationen zeigten, wurden zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr signifikante Zusammenhänge zwischen der Alkoholwirkungserwartung und der Häufigkeit des Gebrauchs deutlich. Daher streben wir an, insbesondere in der Transition vom Jugend- ins Erwachsenenalter mögliche Hochrisikogruppen zu identifizieren um ihnen maßgeschneiderte Prä- und Interventionsprogramm offerieren zu können. Dabei halten wir es für unabdingbar, bislang bestehende eher kognitive Ansätze (z.B. die PAE betreffend) durch emotionsfokussierte Module zu ergänzen. Zu diesem Zweck lag der dritte Schwerpunkt dieses Projekts darin, die Rolle der Emotionsregulation (ER) für die Entwicklung psychischer Störungen zu untersuchen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine maladaptive ER eine Mediatorfunktion zwischen Risikofaktoren (z.B. dysfunktionale Familienumwelt, gekennzeichnet u.a. durch einen ablehnenden Erziehungsstil) und psychischen Störungen einnimmt. Mithilfe unseres ambulatorischen Assessments konnten wir außerdem den Zusammenhang zwischen dynamischen Affektmaßen und psychischer Gesundheit überprüfen. Dabei zeigten sich differentielle Effekte je nachdem ob der mittlere Affekt oder die affektive Instabilität betrachtet wurde: Ein stark negativer Affekt war sowohl quer- als auch längsschnittlich mit Psychopathologie assoziiert, während eine Instabilität im negativen Affekt erst bei großen Schwankungen mit psychopathologischen Symptomen korrelierte. Diese Ergebnisse verdeutlichen nicht nur die Bedeutsamkeit der Erfassung dynamischer Affektmaße, sondern sie geben auch erste Hinweise für die (Weiter-)Entwicklung emotionsfokussierter Therapieansätze. Dementsprechend zielen wir in unserem Therapiekonzept „Gefühle im Griff“ darauf ab, den Teilnehmern ein breites Repertoire an ER-Strategien an die Hand zu geben um so einen stabilen positiven Affekt zu fördern. In einer Pilotstudie konnten bereits erste Wirksamkeitsnachweise dieses Therapieansatzes gefunden werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012). Emotionsregulation und Psychopathologie: Ein Überblick. 30. Symposium Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Luxemburg
    Barnow, S.
  • (2012). Psychopathologie, Emotionsregulation und Herzratenvariablität: Adaptivität im Alltag. 30. Symposium Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Luxemburg
    Stopsack, M., et al.
  • (2012). Risikofaktoren für die Entwicklung depressiver Symptomatik von der Adoleszenz zum jungen Erwachsenenalter - die Rolle von Emotionsregulation. 30. Symposium Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Luxemburg
    Aldinger, M., et al.
  • (2013). Affektive Instabilität, Emotionsregulation und Psychopathologie - was wissen wir wirklich? Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervernheilkunde, Berlin
    Spindler, G.
  • (2013). Emotionale Kompetenzen und Depression. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervernheilkunde, Berlin
    Stopsack, M.
  • (2013). Was bleibt am Ende des Tages? Emotionales Erleben im Alltag bei Personen mit aktueller und remittierter Depression. 8. Workshopkongress für Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier
    Aldinger, M., Stopsack, M., Appel, K., Grabe, H. J., & Barnow, S.
  • (2013). Was wirkt wirklich? – Die Effektivität von Emotionsregulationsregulationsstrategien bei psychischen Störungen. 8. Workshopkongress für Klinische Psychologie und Psychotherapie der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, Trier
    Stopsack, M., et al.
 
 

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