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Untersuchungen zur Pathogenese des CHARGE Syndroms

Antragstellerin Professorin Dr. Silke Pauli
Fachliche Zuordnung Humangenetik
Förderung Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 192653299
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das CHARGE Syndrom ist ein autosomal dominantes Dysmorphiesyndrom, bei dem zu Projektbeginn vermutet wurde, dass ein Großteil der beobachteten Fehlbildungen auf eine Störung in der Neuralleistenzellentwicklung zurück zu führen ist. Wir konnten mittels einer genomweiten Microarray Expressionsanalyse an Wildtyp und Chd7 defizienten Mausembryonen (Stadium E9.5) eine große Zahl von Chd7 Zielgenen identifizieren, die eine Funktion in der Neuralleistenzellentwicklung und -migration aufweisen. Für das chemotaktische Neuralleistenzell-Lenkungsmolekül Sema3a haben wir funktionelle Studien in vitro und in vivo unter Anwendung des Xenopus laevis Tiermodells durchgeführt. Wir konnten zeigen, dass auch im Xenopus laevis Tiermodell Sema3a von Chd7 reguliert wird. Eine Herunterregulierung von Chd7 führt zu einer dramatischen Reduktion von Sema3a, so dass Chd7 im Umkehrschluss als positiver Regulator von Sema3a gewertet werden kann. Wir konnten beobachten, dass die Herunterregulierung von Sema3a zu einer Störung der Neuralleistenzellwanderung führt, während die Herunterregulierung von Chd7 zusätzlich schwere Induktionsdefekte verursacht. Somit konnte gezeigt werden, dass Sema3a Defekte zu einem milderen Krankheitsbild führen. Ergänzend zu diesen Studien führten wir ein Patientenscreening von CHD7 negativen CHARGE Patienten durch. Pathogene SEMA3A Mutationen ergaben sich in dieser Kohorte nicht. Diese Ergebnisse führten zu der Hypothese, dass Sema3a Mutationen alleinig nicht den Phänotyp eines CHARGE Snydroms bewirken, sondern möglicherweise einen modifizierenden Einfluss auf den CHARGE Phänotyp ausüben könnten. Zur Abklärung dieser Fragestellung führten wir Rescue-Analysen im Xenopus laevis Tiermodell durch. Neben der Injektion des Chd7 Morpholinos erfolgte eine Co-Injektion mit humaner SEMA3A-RNA, wodurch craniofaziale Defekte statistisch signifikant behoben werden konnten. Somit gelang uns der Nachweis, dass Sema3a an der Pathogenese des CHARGE Syndroms beteiligt ist. Im Weiteren führten wir bei 31 CHARGE Patienten mit nachgewiesener CHD7 Mutation ein Screening auf Sema3a Varianten durch. In einem von 31 Patienten konnten wir die nicht-synonyme SEMA3A Variante c.2002A>G (p.I668V) heterozygot nachweisen. Diese Variante führt zu einem Aminosäureaustausch von Isoleucin zu Valin an Position 668 des SEMA3A Proteins (p.I668V). Sowohl im Xenopus laevis Tiermodell stellte sich die Variante als benigne dar, während wir für die in der Literatur beschrieben Sema3a Variante p.R66W einen pathogenen Charakter nachweisen konnten. Es gelang uns somit ein Modell zur Validierung von Sema3a Varianten zu etablieren. Abschließend konnten wir mittels CHIP-PCR nachweisen, dass es sich bei der CHD7- Sema3a Regulation um eine direkte Regulation handelt. Auch ergaben sich im Rahmen des Projektes interessante Aspekte, die eine weitere Bearbeitung nötig machen würden. So konnten wir z.B. erstmalig für Sema3a beschreiben, dass Neualleistenzellen selbst eine Resource für Semaphorine bereitstellen, diese prozessieren und sezernieren und nicht wie bisher einschlägig angenommen, Neuralleistenzellen für das Semaphorin-Signal der umgebenden epithelialen Zellen lediglich die entsprechenden Rezeptoren bilden. Da in der Literatur inzwischen auch zwei Patienten mit einem CHARGE-ähnlichem, aber milderen Phänotyp beschrieben wurden, die homozygot bzw. compound heterozygote Sema3a Mutationen aufweisen, wird die zusätzliche Funktion von Sema3a im sich entwickelnden Organismus, neben der Funktion des Semaphorin-Signaling von großem wissenschaftlichen Interesse sein. Zusammenfassend konnten wir grundlegende Fragen zur Pathogenese des CHARGE Syndroms klären und über Interaktionsstudien auch Erklärungen zu phänotypische Überlappungen zwischen dem CHARGE Syndrom und Differentialdiagnosen, wie dem Kabuki Syndrom liefern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011) CHD8 is an interacting partner of CHD7. Medgen 23
    Batsukh T, Pieper L, Voitsik AM, von Velsen N, Hoyer-Fender S, Elbracht M, Bergman JEH, Hoefsloot LH, Pauli S
  • The functional role of the CHD7 protein – insights into recent studies, in: Ursula Horsch & Andrea Scheele (Eds.): Compendium on CHARGE-Syndrom, Multi-disciplinary and international perspectives, 1st edition, Median Verlag 2011, p.19-27
    Pauli S
  • (2012) CHD7 is involved in a multi-protein complex together with CHD8 and FAM124B. Eur J Hum Genet 20 (Supp1): 297
    Batsukh T,Schulz Y, Urlaub H, Oellerich T, Pauli S
  • (2012) Identification and characterization of FAM124B as a novel component of a CHD7 and CHD8 containing complex. PloS ONE 7:e52640
    Batsukh T, Schulz Y, Wolf S, Rabe TI, Oellerich T, Urlaub H, Schaefer IM, Pauli S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0052640)
  • (2013) Transcriptome analysis of wildtype and Chd7Whi/Whi embryos reveals a misregulation of several genes involved in neural crest cell processes. Eur J Hum Genet 21 (Suppl2): 95
    Schulz Y, Wehner P, Borchers A, Opitz L, Salinas-Riester G, Pauli S
  • (2014) CHARGE and Kabuki syndrome. Two related syndromes? Medgen 26
    Schulz Y, Freese L, Zoll B, Völter C, Brockmann K, Wollnik B, Pauli S
  • (2014) CHARGE and Kabuki syndromes: a phenotypic and molecular link. Hum Mol Genet. 15;23(16): 4396-405
    Schulz Y, Freese L, Mänz J, Zoll B, Völter C, Brockmann K, Bögershausen N, Becker J, Wollnik B, Pauli S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/hmg/ddu156)
  • (2014) CHD7, the gene mutated in CHARGE syndrome, regulates genes involved in neural crest cell guidance. Hum. Genet., 133, 997-1009
    Schulz Y, Wehner P, Opitz L, Salinas-Riester G, Bongers E.M, van Ravenswaaij-Arts C.M, Wincent J, Schoumans J, Kohlhase J, Borchers A, Pauli S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00439-014-1444-2)
  • (2015) Chd7, the protein affected in CHARGE syndrome, regulates the neural crest cell guidance molecule Sema3a. Medgen 27
    Freese L, Schulz Y, Möller J, Schwenty-Lara J, Borchers A, Pauli S
  • (2017) CHARGEd with neural crest defects. Am J Med Genet Part C. 175:478-486
    Pauli S., Bajpai R., Borchers A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ajmg.c.31584)
  • (2018) Sema3a plays a role in the pathogenesis of CHARGE syndrome. Hum Mol Genet. 27:1343-1352
    Ufartes R, Schwenty-Lara J, Freese L, Neuhofer C, Möller J, Wehner P, van Ravenswaaij-Arts CMA, Wong MTY, Schanze I, Tzschach A, Bartsch O, Borchers A, Pauli S
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/hmg/ddy045)
 
 

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