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Einfluss von Tyrosinkinase-Inhibitoren auf das wachsende Skelettsystem

Fachliche Zuordnung Kinder- und Jugendmedizin
Förderung Förderung von 2011 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 194014548
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Einführung der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) hat die Prognose der CML grundlegend verbessert. Sowohl der initial zugelassene TKI Imatinib als auch die für minderjährige Patienten noch nicht zugelassenen Zweitgenerations-Inhibitoren Dasatinib und Bosutinib wirken aber nicht hochspezifisch auf die onkogene Zielstruktur BCR-ABL1, sondern hemmen im unterschiedlichen Ausmaß auch weitere Tyrosinkinasen, wie z.B. c-KIT, PDGF-R und c-FMS. Diese regulieren die Differenzierung und Aktivität von Osteoclasten und -blasten und beeinflussen somit den Knochenstoffwechsel. Als Nebenwirkung einer TKI-Therapie wurde bei erwachsenen CML-Patienten eine Dysbalance von Knochenaufbau und -abbau mit gestörter Kalziumhomöostase beobachtet. Bei Kindern mit CML imponierten unter Imatinib-Therapie Längenwachstumsstörungen, welche bezüglich des Wirkmechanismus auf den wachsenden Knochen bis heute nicht im Detail geklärt sind. Vor diesem Hintergrund wurden im Nagetiermodell die Nebenwirkungen auf den Knochenstoffwechsel unter TKI-Exposition analysiert. Juvenile Ratten erhielten kurz nach dem Absetzten vom Muttertier kontinuierlich oder intermittierend mit dem Trinkwasser über das pubertären Alter bis zur Adoleszenz die TKIs Imatinib, Dasatinib und Bosutinib in unterschiedlicher Dosis. Die Wirkung auf das wachsende Skelettsystem wurde durch die Bestimmung der Knochenlängen, der Knochendichten (pQCT), der trabekuläre Strukturen (μCT), der Knochenfestigkeit (3-Punkt-Biege-Test) und endokrinologische Parameter im Serum (ELISA) evaluiert. Parallel wurden prospektiv aus der laufenden Behandlungsstudie CML-PAED-II Daten von über 100 Patienten zum Wachstum, zum ossären Metabolismus und endokrine Parameter erhoben. In Abhängigkeit von Dosis und Zeitdauer bewirkte die kontinuierliche Exposition mit Imatinib und Dasatinib bei Ratten eine Reduktion der Femur- und Tibialänge. Bosutinib verursachte diese Wachstumshemmung nicht. Die trabekuläre Knochendichte der Röhrenknochen war bei präpubertären Tieren unter Imatinib am stärksten reduziert. Die kortikale Knochendichte und -dicke waren nicht messbar verändert; dennoch war nach langer Exposition mit hoher Imatinibdosis die Bruchfestigkeit des Femurs signifikant vermindert. Am Wirbelkörper waren sämtliche Veränderungen nur in geringerem Ausmaß oder gar nicht detektierbar. Im Blut erfassbare Marker des Knochenmetabolismus (Resorption, Formation) zeigten die Aktivitätshemmung der Osteoklasten und Osteoblasten zu allen Untersuchungszeitpunkten, aber in unterschiedlicher Ausprägung abhängig von dem jeweiligen TKI. Eine intermittierende TKI- Exposition reduzierte den Ausprägungsgard der morphologisch und metabolisch erfassbaren Veränderungen deutlich. Weiterhin konnte erstmals gezeigt werden, dass TKI die Vitamin-D Synthese und die hypophysäre Wachstumshormonachse blockieren. Unerwartet früh trat unter chronischer Dasatinib-Exposition als Nebenwirkung eine Herzinsuffizienz auf. Klinisch bestand die stärkste Wachstumsstörung bei präpubertären Kindern. Alle Patienten zeigten einen sek. Hyperparathyreoidismus bei gleichzeitig niedrigen Vitamin D- und Wachstumshormon-Serumspiegeln. Die metabolischen ossären Veränderungen folgten im 1. Therapiejahr einem biphasischen Verlauf, was auf sich ausbildende Kompensationsmechanismen hindeutet. Das etablierte Tiermodell bewährte sich, um die bei Kindern und Adoleszenten klinisch beobachteten Wachstumsretardierungen unter Imatinib zu verifizieren und ermöglicht Nebenwirkungen von Zweitgenerations-TKI zu testen, welche klinisch noch nicht bei Kindern eingesetzt werden. Die im Modell erhobenen Daten präjudizieren für Kinder: a) dass Dasatinib ebenfalls Wachstumsretardierungen verursacht; b) dass eine intermittierende TKI Therapie Knochenschäden abmildern kann, da in den TKI-freien Intervallen ein Aufholwachstum des Knochens möglich ist; und c) dass Bosutinib kaum einen Effekt auf den Knochen auszuüben scheint und vielleicht deshalb besonders für jüngere Kinder mit CML besser geeignet sein könnte. Weiterhin lässt sich ableiten, beim wachsenden Kind unter jahrelanger TKI-Therapie nicht nur sorgfältig der Knochenstoffwechsel und das Längenwachstum überwacht, sondern unter Dasatinib auch mögliche kardiale Nebenwirkungen beachten werden sollten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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