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Studien zu einer neu entdeckten Kultur des 2. Jahrtausends v.Chr. im Nordkaukasus (Russland)
Antragstellerin
Privatdozentin Dr. Sabine Reinhold
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195112926
In der zweiten Hälfte des 2. Jts. v.Chr. kommt es zwischen Schwarzem Meer und der nördlichen Peripherie des Alten Orients nach einer mehr als anderthalb Jahrtausende andauernden Epoche weitgehend mobiler Lebensweisen zu einer Reorganisation permanent sesshafter Gesellschaften. Zeichen dieses Wandels ist ein elementarer Wechsel der Siedlungsformen und der zugehörigen Wohn- wie Wirtschaftsbauten. Aus mobiler Architektur werden Ansiedlungen mit Gebäuden aus Stein. Parallel wird die mobile Pastoralwirtschaft des 3. Jts. v.Chr. in ein Almwirtschaftssystem transferiert, das es erlaubt, trotz Sesshaftigkeit weiterhin weitgehend pastoral zu wirtschaften. Im Rahmen eines deutsch-russischen Kooperationsprojektes wurden mehr als 260 neue Fundplätze untersucht, die die Genese eines solchen neuen Siedlungssystems im Nordkaukasus widerspiegeln. Die aktuellen Arbeiten sollen sich auf dessen Beginn konzentrieren und die bislang ältesten aus Stein gebauten Bauwerke, die Wallanlage und die zentralen Gebäude am Fundort Ransyrt 1 untersuchen.Dieser besondere Ort steht nach heutigem Wissen am Beginn der Architekturentwicklung im nordkaukasischen Hochgebirge. Aktuelle Radiokarbondaten platzieren ihn in einem kurzen Abschnitt des 18./17. Jh. v.Chr. Lage, Bauform und die Indizien einer nicht alltäglichen Nutzung, die Magnetometriemessungen aus dem Jahr 2009 nahelegen, lassen vermuten, dass es sich nicht um eine Siedlung handelt, sondern um den Kristallisationspunkt einer lose verbundenen Viehzüchtergesellschaft, der vermutlich eher eine rituelle Funktion hatte. Testgrabungen im Jahr 2013 lieferten u.a. in Form von Überresten umfangreicher Mahlzeiten Belege dafür, dass es sich bei dem Ort, wie vermutet, um eine Art Brandopferplatz handelt. Es wäre der erste Ort mit einer solchen Funktion im Kaukasus. Es mehren sich zudem auch Indizien im Fundspektrum, dass hier Gruppen aus verschiedenen Regionen der Steppe, dem Kubangebiet und aus dem Gebirge zusammen trafen. Aus diesem Zusammentreffen formierte sich eine neue gemeinsame Identität der Spätbronzezeit, die letztlich auch zur Entstehung der eisenzeitlichen Koban Kultur beitrug.Der Frage nach dem Woher der Siedler und die Funktion dieses Ortes in der Genese der Siedlungslandschaft im Hochgebirge sollen die abschließenden Ausgrabungen im laufenden Projekt nachgehen. Damit soll den rituellen und sozialen Aspekten der neuen Kultur nachgegangen werden und gleichzeitig der Frage, ob sich der kaukasische Ritualort tatsächlich in die Gruppe der bronzezeitlichen Brandopferplätze einreihen lässt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen