Detailseite
Projekt Druckansicht

Stadtregionale Reurbanisierungstendenzen und ihre Wirkungen auf den Verkehr

Fachliche Zuordnung Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 195260442
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Reurbanisierung bezeichnet einen Prozess der Bevölkerungskonzentration in Städten, der in der vergangenen Dekade in vielen Städten Deutschlands in unterschiedlicher Ausprägung beobachtet werden konnte. Mit diesem Prozess wird gleichzeitig die Hoffnung verbunden, dass die aus planerischer Sicht in vielerlei Hinsicht problematische Abwanderung von Bevölkerung aus den Städten in ihr Umland an Bedeutung verliert. Für die Verkehrswissenschaft sind diese Prozesse interessant, weil Konzentration von Menschen in städtischen Räumen möglicherweise erheblich zur Verbreitung umweltverträglicher, verkehrssparsamer Verkehrshandlungsweisen beiträgt. Städtische Räume sind zumeist dicht, funktionsgemischt und gut an den öffentlichen Verkehr angebunden, sie ermöglichen ihren Bewohnern, den Alltag mit umweltverträglichen Verkehrsmitteln (Fuß, Rad, öffentlicher Verkehr) zu bewältigen und nur bei wenigen Wegen gibt es keine andere Möglichkeit, als den motorisierten Individualverkehr (Pkw) zu nutzen. Im Umland ist dies selten dauerhaft für alle Haushaltsmitglieder möglich. Vor diesem Hintergrund wurde in dem Forschungsprojekt „Reurbanisierung und ihre Wirkung auf den Verkehr“ der (neue) Trend zum Wohnen in Städten kleinräumig und insbesondere im Hinblick auf individuelles Verkehrshandeln empirisch anhand der Fallstudienstädte Hamburg und Leipzig untersucht. Zunächst haben die Analysen ergeben, dass eine Bevölkerungskonzentration in den Innenstädten der Fallstudienstädte beobachtet werden kann. Sie entsteht primär dadurch, dass junge Zuwanderer (18- 29 Jahre) aus anderen Städten Deutschlands in die Innenstädte der Fallregionen wandern und weniger Personen in „Familienaltersklassen“ (Kinder, 30-45-Jährige) sowie über 60-Jährigen ins Umland der Fallstudienstädte abwandern. Es sind auch altersspezifische Veränderungen des Wanderungsverhaltens in Bezug auf Wanderungen aus dem Umland in die Stadt festzustellen. Sie sind allerdings quantitativ so gering, dass sie in aggregierten Daten kaum erkennbar sind. Um zu klären, wie diese raumstrukturelle Entwicklung aus verkehrswissenschaftlicher Sicht zu bewerten ist, wurde das Verkehrshandeln von Umland-Stadt-Wanderern in einer Analyse im qualitativen Pseudopanel-Design untersucht. Im Ergebnis ist die zunehmende innerregionale Bevölkerungskonzentration in den funktionsgemischten und gut mit dem ÖV-erschlossenen, städtischen Räumen aus verkehrswissenschaftlicher Sicht als „günstig“ zu bewerten, denn der individuell erzeugte MIV-Aufwand (im Pkw zurückgelegte Personenkilometer) an städtischen Wohnorten ist geringer als zuvor an Wohnorten im Umland. Das gilt nicht nur für Personen, die ohnehin gerne zu Fuß gehen oder als ÖV-affin eingestuft werden können, sondern auch für Personen, die den MIV gerne nutzen. Und es gilt auch unter Einbeziehung von weiten Freizeitwegen am Wochenende und Urlauben. Grund für die Einsparung von MIV-Aufwand ist, dass Wege zu Pflichtaktivitäten bei der Wohnstandortwahl berücksichtigt werden und dass die bekannten siedlungsstrukturellen Möglichkeiten, den Alltag am neuen Wohnort verkehrssparsam zu organisieren, weitgehend genutzt werden. Allerdings gibt es in Abhängigkeit von der Verkehrsmittelvorliebe und biographischer Stadt-Wohnerfahrung Spielraum, mehr MIV-Aufwand einzusparen. Zu einem gewissen Grad bestehen hier planerische Einflussmöglichkeiten: Insbesondere Restriktionen hinsichtlich des Parkens an Zielorten (z. B. fehlende oder kostenpflichtige Parkplätze) werden von allen Befragten – auch von denen, die aufgrund ihres Einkommens keine Probleme haben dürften, einen Parkschein zu bezahlen – als Grund für die Wahl des Umweltverbunds für nicht fußläufige Strecken genannt. Außerdem könnten die Haushalte in einem weniger angespannten Wohnungsmarkt ihre Wohnlage hinsichtlich der nicht variablen Gelegenheiten noch besser optimieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2012: Explaining reurbanization. Empirical evidence of intraregional migration as a long-term mobility decision from Germany. In: SOEP papers on multidisciplinary panel data research, 459
    Matthes, Gesa
  • 2013: Umziehen oder nicht – Eine Untersuchung der Umzugswahrscheinlichkeit von Haushalten anhand des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP). In: Blotevogel, Hans Heinrich et al. (Hrsg.): Mobilitäten und Immobilitäten: Menschen - Ideen - Dinge - Kulturen - Kapital. Dortmunder Beiträge zur Raumplanung 142. Essen: Klartext Verlag, S. 235-248
    Matthes, Gesa
  • 2014: Raumtypen für Fragestellungen der handlungsorientierten Personenverkehrsforschung
    Matthes, Gesa; Gertz, Carsten
  • 2014: Zur Quantifizierung von Reurbanisierungstendenzen. Raumforschung und Raumordnung 72, S. 323-336
    Matthes, Gesa
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s13147-014-0300-0)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung