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Die Bedeutung von chemischen Signalstoffen bei Froschlurchen am Beispiel des Brutpflegeverhaltens südamerikanischer Pfeilgiftfrösche

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 198249523
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In unserem Projekt haben wir uns mit den Auswirkungen von inter- und intraspezifischer chemischer Kommunikation auf das Brutpflegeverhalten des Pfeilgiftfrosches Ranitomeya variabilis (Dendrobatidae) beschäftigt und hierbei einen besonderen Focus auf die Stoffentschlüsselung gelegt. Diese Art nutzt sowohl für die Eiablage als auch für das Absetzen von Kaulquappen Phytotelmen (kleine Wasseransammlungen in Pflanzen), meidet dabei aber bereits besetzte Pools, da die Kaulquappen untereinander kannibalisch sind. Die Erkennung, ob ein Phytotelm bereits besetzt ist, erfolgt mithilfe der Wahrnehmung der von den Kaulquappen abgegebenen chemischen Substanzen. Eine Zielsetzung in unserem Projekt war herauszufinden, ob R. variabilis in der Lage ist, auch andere Kaulquappen zu erkennen und zu meiden. Hierfür wurden in situ-Experimente durchgeführt, bei denen den Fröschen chemische Substanzen von Kaulquappen verschiedener Froscharten in artifiziellen Phytotelmen angeboten wurden. Es stellte sich heraus, dass die Frösche dazu fähig waren, die Substanzen von allen getesteten Arten zu erkennen und bei der Eiablage zu meiden. Beim Absetzen der Kaulquappen hingegen wurden nur andere Pfeilgiftfroschkaulquappen gemieden, die ebenfalls in Phytotelmen vorkommen, während Kaulquappen, die z.B. in Flüssen leben, keine Meidung erfuhren. Eine der Pfeilgiftfroscharten, die sowohl für die Eiablage als auch für das Absetzen der Kaulquappen gemieden wurde, war die in Phytotelmen brütende Art Hyloxalus azureiventris. Die chemischen Substanzen, die von den Kaulquappen dieser Art abgegeben werden, wurden gemeinsam mit denen der Kaulquappen von R. variabilis genauer analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Summenformeln der biologisch aktiven Substanzen bei den beiden Arten unterscheiden. Während die Stoffe der konspezifischen Kaulquappen nicht als chemische Signale definiert werden konnten, wurden die der H. azureiventris-Kaulquappen als Synomone, interspezifisch agierende Botenstoffe, die sowohl für den Sender als auch für den Empfänger von Vorteil sind, interpretiert. Einen Rückschlag haben wir bei unserem Vorhaben zu zeigen, wie genau R. variabilis die chemischen Stoffe der Kaulquappen perzipiert, erfahren, da unsere ursprünglich geplanten Versuche nicht durchführbar waren. Stattdessen haben wir dann die Fähigkeit der Frösche, mögliche Kairomone von Invertebraten-Prädatoren zu erkennen, getestet. Im Gegensatz zu Kaulquappen konnten die Prädatoren zwar visuell, nicht aber chemisch erkannt werden. Bezüglich unserer Fragestellung nach der Erkennung (und Fütterung) des eigenen Nachwuchses anhand von chemischen Stoffen (mittels genetischer Verwandtschaftsanalysen) stellte sich heraus, dass die Frösche hierzu nicht in der Lage zu sein scheinen. Da die Männchen von R. variabilis jedoch eine unerwartet starke Ortstreue aufwiesen (ermittelt mit ArcGIS), gehen wir davon aus, dass die Tiere ihren Nachwuchs stattdessen anhand der Lage der Phytotelmen erkennen. Zusammengenommen unterstreichen unsere Ergebnisse nicht nur die enorme Komplexität des Brutpflegeverhaltens von R. variabilis, sie verdeutlichen außerdem die noch immer weitestgehend unterschätzte Bedeutung chemischer Kommunikation bei Anuren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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