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Bauuntersuchung und Rekonstruktion des Hekatetempels in Lagina

Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung von 2011 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 201129738
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Aufbau des Hekatetempels von Lagina mit den beiden Bauphasen und den baukonstruktiven Besonderheiten kann aufgrund der zahlreich erhaltenen Bauteile detailliert rekonstruiert werden. In einer ersten Bauphase wurden die Cella und der Pronaos mit zwei Säulen in antis errichtet. Von dieser Bauphase sind die Wandsockel und die beiden Antenund Eckantenkapitelle, ein ionisches Säulenkapitell sowie zahlreiche Wand- und Antenquader erhalten. Die Wände trugen außen an den beiden Längsseiten flächig Inschriften unterschiedlicher Zeitstellungen, innen im Bereich des Pronaos Stiftlöcher zum Befestigen von vermutlich bronzenen Inschriftentafeln. In der zweiten Bauphase wurde der Tempel mit der umlaufenden Ringhalle zu einem Pseudodipteros erweitert. Dabei musste der gesamte Gebälk- und Dachaufbau abgetragen und erneuert werden, während der Wandaufbau der ersten Bauphase bestehen blieb. Die Höhe der Wände bis zur Oberkante der Kapitelle folgt den Proportionen des Antentempels der ersten Bauphase. Die Säulen der erweiterten Ringhalle waren aufgrund der größeren Grundfläche des Pseudodipteros´ deutlich höher. Dieser durch die beiden Bauphasen bedingte Höhenunterschied zwischen den Wänden und Säulen wurde durch den Zwei- Faszien-Architrav und den Fries auf den Wänden ausgeglichen. Auf diese Weise ist das Niveau der Oberkante des Wandfrieses identisch mit der Oberkante der korinthischen Kapitelle der Ringhalle. Auf diesen Säulenkapitellen folgt der weitere Aufbau mit dem Drei-Faszien-Architrav, Istanbuler Fries, Zahnschnitt, Horizontalgeison, Tympanon und Schräggeison. Auf diese Weise kommen in einer einzigartigen Weise beim Hekatetempel in Lagina jeweils zwei unterschiedliche Architrav- und Friestypen bei der Erweiterung des Antentempels zum Pseudodipteros zum Einsatz. Der 52,2 – 54,4 cm hohe Wandfries war durch den Höhenversatz nicht nur von der Ringhalle aus, sondern auch von außen sehr gut sichtbar. Der Fries über den Säulen der Ringhalle ist mit 93 cm deutlich höher als der Wandfries. Beide werden einheitlich von einem lesbischen Kyma bekrönt. Singulär ist die Ausführung der Rückseite des Säulenarchitravs mit einer senkrecht profilierten Fläche und einer Lotus-Palmetten Zone, die von einem ionischen Kyma bekrönt wird. Dieses Profil korrespondiert mit dem Profil des oberen Gebälkabschlusses der Wände. Auf der Ebene des Abschlussprofils des Säulenarchitravs wird die umlaufende Ringhalle von einer hölzernen Kassettendecke überdeckt. Zahlreiche Blöcke sind von den Tympana der Vorder- und Rückseite erhalten. Sie können in ihrer Mitte jeweils mit einer Erscheinungstür rekonstruiert werden. Die Erscheinungstür der Rückseite des Tempels ist mit dem Türsturz und dem Hyperthyron sowie zwei Fragmenten der Türleibungen erhalten. Im Weiteren ist der Vergleich mit den anderen Pseudodipteroi interessant. Die wichtigsten Merkmale der Pseudodipteroi, die erweiterte Ringhalle, die Erschließung und Begehbarkeit des Daches, der umlaufende Fries und jeweils drei Erscheinungstüren im Giebel der Vorderund Rückseite des Tempels, konnten bei den bisher untersuchten Pseudodipteroi nachgewiesen werden. Da der Hekatetempel in Lagina der kleinste der erhaltenen Pseudodipteros ist, konnte auf jeder Giebelseite nur eine Erscheinungstür vorgesehen werden. Die Begehbarkeit des Dachraums wurde auch in Lagina ermöglicht. Bei den anderen erhaltenen Pseudodipteroi war der Dachstuhl aufgrund der Größe des Tempels ohnehin begehbar. Durch den mit 93 cm ungewöhnlich hohen Fries des Tempels in Lagina wurde die lichte Höhe des Dachstuhls auf ~ 3.00 m in der Tempelmitte und ~2.10 m im Umgang vergrößert. Die Frieshöhe der vergleichsweise deutlich größeren Pseudodipteroi beträgt dagegen nur 78 cm beim Tempel des Apollon Smintheios und 82 cm beim Artemistempel in Magnesia. Der Fries ist folglich nicht nur ein bedeutender Ornamentträger für die Skulpturen, sondern ein wesentliches Bauteil für die Bildung des begehbaren Dachraumes. Somit hatten nicht nur die Wandelhallen, sondern auch der Dachraum mit den Erscheinungstüren im Kultbetrieb der Pseudodipteroi offensichtlich eine wichtige Funktion.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Dipteros und Pseudodipteros, Internationale Tagung vom 13.11. – 15.11.2009 an der Hochschule Regensburg, Byzas 12, Istanbul 2012
    Th. Schulz (Hrsg.)
 
 

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